La Embajada de Colombia y el Museo Etnológico tienen el gusto de invitarlo
a usted y sus amigos a la inauguración oficial del Festival de cine colombiano
FILMLAND: KOLUMBIEN.
Fecha:              Jueves 3 de junio 
Lugar:              Museo Etnológico  (Lansstraße 8 – 14195 Berlin-Dahlem) 
Hora:               21. horas 
Película:           María, llena eres de Gracia  / con subtítulos en alemán 
Presenta:          Jaime Osorio, Co-productor 
Entrada:           Únicamente con tiquete 
Aviso importante: A partir del martes 1 de junio, toda persona interesada podrá
reclamar 2 tiquetes gratis para la inauguración del Festival, en la Sede de la
Embajada de Colombia (Kurfürstenstraße 84 – 10787 Berlin – 5° piso) entre las
8:30  y las 18:00 horas.  Con este tiquete podrá además, ver gratis todas las
películas programadas para el día 3 de junio! 
Con cien películas colombianas el festival “FilmLand: Kolumbien”, se presenta
como la muestra más amplia del cine colombiano visto en Europa. El festival
tiene lugar desde el 3 hasta el 9 de junio 2004. 
j.carstensen@embajada-colombia.de
Embajada de Colombia
U-Land-Scape 
Carlos Silva, Claudia Vivero, 
Pinturas, luz, dibujos 
27 de Mayo de 2004 – 19:30 horas 
Kurfürstenstraße 84, 10787 Berlín 
Entrada Libre
  
La Embajada de Colombia presenta a partir del 28 de Mayo al 31 de Agosto los
trabajos del arquitecto colombiano, Carlos Silva y la pintora argentina Claudia
Vivero.
El proyecto “U-Land-Scape” muestra el trabajo realizado por los artistas durante
los últimos dos años. El material es la base de un ensamble visual sobre  la
percepción de la ciudad de Berlín y su influencia en el trabajo mismo. 
Con la atenta colaboración de la Embajada de Argentina en Alemania. 
Informes y visitas: 
Tel: (030) 26 39 61 11 / Fax: (030) 26 39 61 25 
Lunes a viernes de 9:00 a 17:00 
OFICINA DE ASUNTOS CULTURALES 
 
 
 CARNAVAL DE BARRANQUILLA EN BERLIN
La Embajada de Colombia en cooperación con la Comisión alemana para UNESCO y la
Casa de las Culturas del Mundo, tiene el honor de invitarlo a la presentación
del CARNAVAL DE BARRANQUILLA (OBRA MAESTRA DEL PATRIMONIO ORAL E INMATERIAL DE
LA HUMANIDAD)
21 de Abril 2004 – 20.00 horas
 
Haus der Kulturen der Welt – Auditorio 
John-Foster-Dulles-Allee 10 – 10557 Berlín 
Entrada:  Auditorio: 19.30 horas 
 
Nota: Solicite su invitación directamente en la Embajada de Colombia entre las
9:00 horas y las 18:00 horas y hasta el miércoles 21 de abril a las 12.00!
La noche del evento (21 de abril) debe presentar su invitación en la Casa de
las Culturas del Mundo y a cambio recibirá completamente gratis dos entradas.
Se distribuirán entradas  a partir de las 18:30 horas, hasta agotar existencias.
Informes: Embajada de Colombia, Tel 030 / 26 39 61 14- Kurfürstenstrasse 84,
10787 Berlin. Quinto piso. 
 
Die Botschaft von Kolumbien, in Zusammenarbeit mit der Deutschen UNESCO-Kommission
und dem Haus der Kulturen der Welt, hat die Ehre Sie zur Vorstellung des 
KARNEVALS VON BARRANQUILLA
(Meisterwerk des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit)
einzuladen. 
21. April 2004 – 20.00 Uhr 
Haus der Kulturen der Welt – Auditorium 
John-Foster-Dulles-Allee 10 – 10557 Berlin 
Einlass:  Auditorium: 19.30 Uhr 
Bitte beachten: Bestellen Sie Ihre Einladung direkt bei der Botschaft von Kolumbien,
zwischen  9:00 Uhr und 18:00 Uhr, bis Mittwoch, den 21. April, 12.00 Uhr! Am
Abend der Vorstellung (21. April) müssen Sie Ihre Einladung im Haus der Kulturen
der Welt vorlegen und im Tausch dafür erhalten Sie völlig kostenlos zwei
Eintrittskarten.  Diese werden ab 18:30 Uhr verteilt, solange der Vorrat reicht. 
Auskünfte: Botschaft von Kolumbien, Tel. 030 / 26 39 61 14- Kurfürstenstrasse 84,
10787 Berlin. Fünfte Etage. 
 
El Carnaval de Barranquilla tambien se presentara en otros paises de la unión
Europea ver: 
http://www.vanguardia.com/2004/4/18/cul.htm
 Todesdrohungen wegen Kritik an Präsident Uribe
 BOGOTA. Der Mann der seit zwei Jahren von linksgerichteten Rebellen verschleppten kolumbianischen Politikerin Ingrid Betancourt hat eigenen Angaben zufolge wegen seiner Kritik an Präsident Alvaro Uribe anonyme Morddrohungen erhalten. Juan Carlos Lecompte sagte am Montag in Bogota, der anonyme Anrufer habe ihm gedroht, ihn zum Schweigen zu bringen, sollte er nicht den Mund halten. "Wenn Dir Uribe nicht gefällt, scher dich aus dem Land", sagte der Anrufer demnach weiter. Lecompte sagte, er werde solange nicht schweigen, bis seine Frau freikomme. Lecompte vermutet, dass rechtsextreme paramilitärische Gruppen hinter den Drohungen stecken. (AFP)
 
Berliner Zeitung, 25.02.2004
Präsident der harten Hand auf Werbetour 
Kolumbiens Staatschef Uribe sucht in Europa Unterstützung. Mit der Guerilla will
er nicht verhandeln.
BERLIN, 13. Februar. Kolumbiens Präsident verschwendet auch in Berlin keine
Sekunde auf unverbindliche Floskeln. Kann Deutschland bei Friedensverhandlungen
mit den Rebellen in seinem Land Hilfe leisten, wird er aus der Journalistenrunde
heraus gefragt. "Hilfe brauchen wir beim Kampf gegen den Terrorismus und bei der
Wiedereingliederung derer, die ihr Handeln bereuen", kommt die Antwort.
"Mit Terroristen aber kann es keine Verhandlungen geben. Null Toleranz gegenüber
dem Terrorismus!" Das Ausrufungszeichen klingt förmlich nach. 
Alvaro Uribe, 51 Jahre alt, Spross einer Familie von Großgrundbesitzern, streng
gläubiger Katholik und nach Angaben seiner Ehefrau absolut humorlos, hat vor
anderthalb Jahren in Bogota die Regierungsgeschäfte übernommen. Sein Vorgänger
Andrés Pastrana hatte vergeblich versucht, auf dem Verhandlungswege einen Frieden
mit den Guerilla-Armeen zu erreichen, die fast die Hälfte des kolumbianischen
Territoriums kontrollieren. Uribe, dessen Vater 1983 von mutmaßlichen Rebellen
erschossen wurde, hat einen anderen Kurs eingeschlagen. Mit Hilfe aus den USA
hat er die Armee aufgerüstet. Sondergesetze ermächtigen das Militär, Verdächtige
ohne richterliche Genehmigung bis zu sechs Tage zu inhaftieren, Hausdurchsuchungen
vorzunehmen und Gespräche abzuhören. 
Um die internationale Kritik an seiner Politik auszuräumen, ist Uribe in dieser
Woche nach Europa gekommen. Er hat einen schweren Stand auf dem alten Kontinent.
EU-Außenkommissar Chris Patten hat seine Bitte ausgeschlagen, eine weitere
Geberkonferenz für Kolumbien auszurichten. Im Europaparlament musste Uribe am
Dienstag vor einem halb leeren Saal sprechen. Die Begegnung mit Bundeskanzler
Gerhard Schröder am Freitag wird so zu einem Lichtblick für Uribe: Der Präsident
habe nicht nur mit Mitteln der Sicherheitspolitik, sondern auch durch Integration
den Terror in seinem Land geschwächt, lobt der Kanzler. 
Menschenrechtsaktivisten finden weniger freundliche Worte für Uribe. Als der
Staatsgast am Donnerstagabend im Atrium der Deutschen Bank vor 300 deutschen
Unternehmern spricht, rufen sich 50 Meter weiter, an der nächsten Straßenkreuzung,
etwa 30 Demonstranten die Kehlen heiser. "Uribe, Mörder", schallt es aus dem
Megafon. Die Gesellschaft für bedrohte Völker verteilt Flugblätter, auf denen
sie dem Präsidenten vorwirft, seine Politik mache 700 000 Indianer in Kolumbien
zu Opfern von "Terror, Landraub und Folter". Die Regierung solle endlich über
Frieden verhandeln, statt den Bürgerkrieg immer weiter zu verschärfen. 
Uribe aber ist nicht zu beirren. "In Kolumbien gibt es keinen Konflikt, keinen
Krieg, sondern nur eine terroristische Herausforderung. Und wir werden sie
besiegen", sagt er. Der Erfolg gebe ihm recht. Im Jahre 2003 sei die Zahl von
Entführungen in Kolumbien im Vergleich zu 2002 um 27 Prozent zurückgegangen,
rechnet er vor. Es gebe weniger Morde. Die Anbauflächen für Drogenkulturen -
"und ohne das Geld aus dem Drogenhandel gäbe es in Kolumbien keinen Terrorismus",
so Uribe - gingen zurück. Zum Jahreswechsel, als das Militär die Überlandstraßen
absicherte, hätten Millionen seiner Landsleute die Chance genutzt, ohne Furcht
vor den Straßenblockaden der Guerilla wieder einmal im eigenen Land zu verreisen. 
"Ich kann nicht zulassen, dass 43 Millionen Kolumbianer gefangen sind, weil
30 000 Terroristen frei herumlaufen", sagt der Präsident, und die Wirtschaftsvertreter
spenden ihm langen Beifall. In der folgenden Fragerunde erkundigen sie sich nach
Möglichkeiten für Investitionen und Handel. Die Einschränkungen der Bürgerrechte
sind an diesem Abend kein Thema. 
"Harte Hand und großes Herz", lautete Uribes Wahlkampflosung. Seine Kritiker
nennen ihn einen Rechtspopulisten und halten ihm vor, er beschneide unter dem
Vorwand des Kampfes gegen den Terrorismus die Bürgerrechte. 
REUTERS/THIERRY ROGE 
Berliner Zeitung 14.02.2004]
Führer der Farc-Guerilla verhaftet 
Festnahme in Ekuador ist spektakulärer Erfolg
BOGOTA, 4. Januar. Einer der führenden Köpfe der kolumbianischen Rebellen-Bewegung
Farc, der 53 jährige Juvenal Ricardo Palmera alias Simon Trinidad, ist am Wochenende
in Ekuador festgenommen worden. Das ist einer der spektakulärsten Fahndungserfolge,
seit vor 40 Jahren in Kolumbien der Guerrilla-Krieg begann. 
Palmera hielt sich in der ekuadorianischen Hauptstadt Quito auf, um seinen Prostata-Krebs
behandeln zu lassen. Dort wurde er bei einem Spaziergang festgenommen. Er stand seit
Tagen unter Beobachtung, aber die ekuadorianischen Sicherheitskräfte schlugen erst
zu, nachdem Kolumbien einen internationalen Haftbefehl erwirkt hatten. Palmera wurde
nach Kolumbien gebracht, wo 59 Strafverfahren gegen ihn anhängig sind. So gilt der
Guerilla-Führer als Urheber des Massakers von Bojaya im Mai 2002, bei dem 119
Gottesdienstbesucher bei einem Attentat starben. 
Simon Trinidad studierte Ökonomie in Kolumbien und Harvard, war dann Bankdirektor
und Universitätsdozent. 1987 trat er den Kolumbianischen Revolutionären Streitkräften
(Farc) bei, wo er schnell in den engsten Führungskreis aufstieg. Er gehörte zu den
Verhandlungsführern, die mit Ex-Präsident Andres Pastrana einen Kompromiss aushandelten.
Der Kompromiss scheiterte. Palmera ist bereits der siebte prominente Farc-Chef, der
in den vergangenen Monaten gefangen oder getötet wurde. 
Berliner Zeitung, 05.01.2004
        Gran fiesta Colombiana 
        Berlin / El 8.11.2003 / a partir de las 7.p.m. 
        No te pierdas la mejor fiesta colombiana del año. 
        Con música desde Shakira, Juanes, Carlos Vives hasta Lucho Bermudez. 
        Platos típicos y buen ambiente.. 
        Pide información y reserva tu entrada: dolly.conto@web.de. 
        Tel: 030 / 44 02 46 52 
        Lugar: Rue Charles Calmette 164  
        U-Bahn Jakob Kaiser Platz, cuatros paradas con Bus X21 o el
        121 y desde el U- Bahn Kurt Schumacher Platz son tres paradas de bus 
        Hora: desde las 19:00 
        Valor Entrada: € 3
Kolumbiens Linke erobert Bogotas Bürgermeisteramt
Die politische Linke Kolumbiens hat bei Regional- und Kommunalwahlen
große Erfolge erzielt. Das Bürgermeisteramt von Bogota, das als Sprungbrett
für den Präsidentenposten gilt, eroberte Luis Eduardo Garzon. 
Berliner Zeitung, 28.10.2003
Staatsreform in Kolumbien scheitert 
Referendum verfehlt
BOGOTA, 26. Oktober. Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe hat bei seinem
Versuch, das politische System des Landes grundlegend zu erneuern, eine schwere
Niederlage hinnehmen müssen. In einem Referendum hatte er am Sonnabend 15
Vorschläge zu politischen und wirtschaftlichen Reformen zur Abstimmung gestellt.
Zwischenergebnissen zufolge erzielte der konservative Präsident zwar bei allen
Fragen Zustimmungsquoten zwischen 80 und 95 Prozent. Bei den meisten Fragen
verfehlte er aber die für Verfassungsänderungen nötige Mindestbeteiligung von
einem Viertel der 25 Millionen Wahlberechtigten. 
Uribe hatte vorgeschlagen, das Parlament zu verkleinern und Abgeordnete zu
offener Namensabstimmung zu verpflichten. So sollte auch die Macht der
Drogenindustrie zurückgedrängt werden, die immer wieder Abgeordnete gekauft
hatte. In beiden Punkten verfehlte Uribe das Quorum. Noch offen war am Sonntag,
ob wegen Korruption verurteilte Politiker von öffentlichen Ämtern verbannt
werden. Die Opposition von Liberalen bis zu Kommunisten hatte zu Stimmenthaltung
aufgerufen. Sie warf Uribe vor, die Entmachtung der alten politischen Klasse
zum Ausbau seines autoritären Projekts zu nutzen. (hb.) 
Berliner Zeitung, 27.10.2003
        Uribe bietet der Guerilla Gefangenenaustausch an
        BOGOTA. Nach der Flucht eines Briten aus der Gewalt von Entführern
        in Kolumbien hat Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe die Guerillagruppe
        ELN aufgefordert, die übrigen sieben entführten Touristen freizulassen.
        Er bot an, im Gegenzug zur Freilassung der Touristen zwei hohe ELN-Führer
        auf freien Fuß zu setzen. Bisher hatte Uribe jeden Gefangenenaustausch
        stets abgelehnt. (AFP/BLZ) 
        Berliner Zeitung, 29.09.2003
        Der Weltmeister siegt dank Ze Roberto
        In der südamerikanischen WM-Qualifikation gelang Brasiliens
        Fußball-Nationalelf ein souveräner 2:1 (1:0) - Erfolg im Auswärtsspiel
        gegen Kolumbien in Barranquilla  ... . " Wir haben gegen die zweifellos
        beste Mannschaft der Welt gespielt und hatten keine Chance" räumte
        Kolumbiens Coach Francisco Maturana hinterher beeindruckt ein.(dpa) 
        Berliner Zeitung, 08.09.2003
        Eine Geisel, die nicht mit sich handeln lässt 
        Ingrid Betancourt wollte Kolumbiens Präsidentin werden. Dann wurde sie
        vor knapp anderthalb Jahren entführt. Nun will sie nicht ausgetauscht
        werden. Man soll sie befreien
        RIO DE JANEIRO, im September. "Sie ist natürlich sehr tapfer", sagt ihre Mutter, "aber eine Befreiungsaktion? Für                 mich als Mutter ist das eine grauenhafte Vorstellung, schließlich geht es um ihr Leben." Ja, es geht um ihr Leben: Erstmals         seit über einem Jahr liegt von Ingrid Betancourt wieder ein Lebenszeichen vor. In einer 23 Minuten dauernden Ansprache,         auf Video aufgezeichnet, hat sich die kolumbianische Grünen-Politikerin und ehemalige Präsidentschaftskandidatin aus         ihrer Geiselhaft gemeldet, in der sie sich seit ihrer Entführung vor knapp anderthalb Jahren befindet. 
        Was für Yolanda Pulecio, die Mutter der 41-jährigen Politikerin, eine schwer erträgliche Vorstellung ist, das ist das                 erstaunliche Beharren ihrer Tochter darauf, nicht ausgetauscht, sondern befreit zu werden - also durch eine                 lebensgefährliche Militäroperation aus ihrer Gefangenschaft bei den Revolutionären Streitkräften Kolumbien s, den Farc,         erlöst zu werden. Ihre Familie, ihre Freunde, ihre Anhänger plädieren für eine weitaus ungefährlichere Variante: Sie wollen,         dass Ingrid Betancourt, die prominenteste der rund dreitausend in Kolumbien Entführten, gegen dreihundert Farc-Rebellen         ausgetauscht wird, die die Regierung gefangen hält. 
        Muss man, kann man seinen Überzeugungen treu bleiben, wenn das eigene Leben auf dem Spiel steht? In dem Video                 bittet die mager gewordene, aber offensichtlich gesunde Politikern ihre Familie um Verständnis - aber die Möglichkeit                 eines Austausches komme in ihren Augen nur für Kombattanten in Betracht. Freischärler gegen Soldaten, das sei statthaft         - aber Zivilisten gegen Guerilleros, das habe sie stets abgelehnt. 
        Lebensgefährliche Alternative 
        Menschen wie sie, Politiker, Staatsbeamte oder einfache Bürger könnten nur freikommen auf Grund einer humanitären                 Geste ihrer Peiniger, oder sie müssten eben befreit werden. Aber Austausch - nein, damit akzeptiere man, dass Zivilisten         Teil des Konfliktes seien, sie würden sich als Schutzschilde missbrauchen lassen, und das dürfe nicht sein, sagte sie in                 der Aufnahme, die ein kolumbianischer Fernsehsender ausstrahlte, ohne bekannt zu geben, wie er in den Besitz des                 Bandes gekommen war. 
        Wie lebensgefährlich die ethisch statthafte Alternative zum Austausch ist, zeigt ein fehlgeschlagener Befreiungsversuch,         den die kolumbianischen Sicherheitskräfte im vergangenen Mai unternommen haben: Ein Gouverneur, ein ehemaliger                 Verteidigungsminister und acht Soldaten kamen dabei um. Eine Militäraktion, so die ehemalige Spitzenkandidatin der                 kolumbianischen Grünen, müsse eben gut vorbereitet sein, und Präsident Alvaro Uribe sei in der Pflicht, eine solche                 Aktion persönlich zu verantworten. 
        Uribe kommt diese Aufforderung grundsätzlich gelegen: Er hat die Hürden für Gespräche oder gar Verhandlungen mit der         Guerilla so hoch gelegt, dass sie derzeit kaum denkbar sind - und auch Gefangenenaustausch ist für die Regierung                 gegenwärtig ein Tabu. Dass nun die Geisel ihre Familie auffordert, sich hinter die Regierung zu stellen, ist zumindest                 bemerkenswert. 
        Auch wenn die anrührende Ansprache der entführten Politikerin ganz offensichtlich nicht von der Farc erzwungen oder gar         vorformuliert war - das Video stammt von Ende Mai. Das setzt einerseits seinen Wert als Beweis dafür, dass Ingrid         Betancourt noch am Leben und bei guter Gesundheit ist, herab. Andererseits untermauert das den Verdacht, den Ingrids         Schwester Astrid äußerte: Dass die Farc das Video jetzt veröffentlicht, um die Regierung jetzt zu Verhandlungen zu         drängen. Tatsächlich mehren sich die Anzeichen, dass die Rebellen darauf abzielen. 
        1998 wurde Ingrid Betancourt in den kolumbianischen Senat gewählt, und zwar mit einem denkwürdigen Rekord: Sie als         Vertreterin einer vergleichsweise exotischen, ganz und gar nicht in der politischen Landschaft verwurzelten Partei erhielt         die höchste Stimmenzahl landesweit. Sie war - ein einprägsames Kennzeichen - im Wahlkampf ab und an mit einer         Sauerstoffmaske aufgetreten, Symbol ihrer Partei "Grüner Sauerstoff". Den Hang zu spektakulären politischen         Werbefeldzügen hat sie früher schon gepflegt: Im Wahlkampf 1994 verteilte sie an Ampeln der Hauptstadt Bogota         Präservative an die Autofahrer - "um die Korruption zu verhüten". 
        In Frankreich aufgewachsen und in Paris am Institut für Politische Wissenschaft ausgebildet, kannte sie das Arsenal         europäischer Wahlwerbung, das in Kolumbien neu, originell und unverbraucht wirkte. Es waren aber nicht nur die         Wahlkampf-Methoden, sondern vor allem die Inhalte, die ihr Prestige begründeten. Auch wenn sie 1995 beschuldigt         wurde, nach einem Treffen mit Mafia-Bossen im Parlament zu Gunsten der Koka-Produzenten gestimmt zu haben, galt sie         als Kämpferin gegen die Allgewalt von Korruption und Drogenmacht. 
        Die Todesdrohungen wurden immer häufiger, je bekannter sie wurde, so dass sie ihre Tochter Melanie, 18, und ihren         Sohn Lorenzo, 15, nach Neuseeland schickte, wo ihr - von ihr getrennter - Ehemann lebt, ein französischer Diplomat. Drei         Tage nach der Aufkündigung eines fragilen Friedensprozesses der Regierung mit den Rebellen wurde Ingrid Betancourt         von der Farc gefangen genommen - Kritiker warfen ihr damals Leichtsinn vor. Denn sie hatte sich in Kampfgebiete         begeben. 
        Frankreich verfolgt nun ihr Schicksal mit besonderer Aufmerksamkeit. Nicht nur, weil sie neben der kolumbianischen auch         die französische Staatsbürgerschaft hat. Sondern wohl auch, weil der französische Außenminister Dominique de Villepin         ein persönlicher Freund und ihr früherer Lehrer ist. 
        Berliner Zeitung, 03.09.2003
        Kein Ende des Bürgerkrieges in Kolumbien 
        Washington verstärkt Hilfe für die Regierung
        RIO DE JANEIRO, 20. August. In ihrem Kampf gegen linke Rebellen kann die kolumbianische Regierung auf                 verstärkte Hilfe durch die USA bauen. Bei einem Besuch in Bogota sagte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am         Dienstag, er sei "stolz, den Kolumbianern im Kampf gegen den Terrorismus zur Seite stehen zu können". Kurz zuvor hatte
        Präsident George W. Bush grünes Licht für die Wiederaufnahme von Überwachungsflügen über Kolumbien gegeben, die
        offiziell der Bekämpfung des Drogenanbaus, nebenbei aber auch dem Krieg gegen die Guerilla dienen. 
        Trotz der Hilfe aus Washington scheint die Regierung von Präsident Alvaro Uribe aber von ihrem Ziel, die Aufständischen
        militärisch zu besiegen, weit entfernt zu sein. Zwar vermeldeten die Behörden am Wochenende die Gefangennahme von
        rund 150 Guerilleros im Norden des Landes, doch die Öffentlichkeit reagiert misstrauisch auf solche Meldungen. Da sich
        die Guerilleros immer wieder als einfache Bauern tarnen, liegt es auf der Hand, dass man einfache Bauern ebenso gut
        auch als gefangene Guerilleros präsentieren kann: Wer Rebell ist, bestimmt im Zweifelsfall das Militär. 
        Staat ist nur punktuell präsent 
        Nach wie vor halten die Rebellen zwei Drittel bis drei Viertel des kolumbianischen Staatsgebietes zwar vielleicht nicht
        unter Kontrolle, aber doch in einem Zustand der Unsicherheit. Der Staat ist hier nur punktuell präsent, und seine Vertretung
        ist stets bedroht - so wie der Hubschrauber von Präsident Uribe, der am Wochenende in einer entlegenen Ortschaft mit
        Kugeln empfangen wurde. Die Guerrilla ist in Dutzenden von so genannten Fronten organisiert, die weitgehend autonom
        operieren; entsprechend schwierig und wenig Erfolg versprechend sind groß angelegte militärische Offensiven. 
        Präsident Uribe, der vor einem Jahr als strikter Hardliner antrat, hat sein politisches Schicksal an den Erfolg der
        repressiven Strategie geknüpft. Die Hürde für Verhandlungen hat er bewusst so hoch gelegt, dass sie nicht zu Stande
        kommen können. 
        Wenig Dialogbereitschaft 
        Als die Revolutionären Streitkräfte Kolumbien s (Farc), die größte Rebellengruppe des Landes, dennoch vor wenigen
        Tagen signalisierte, dass sie zu Verhandlungen unter Einbeziehung der Uno und der katholischen Kirche bereit sei,
        meldeten Beobachter sofort Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Angebots an. Die Guerilla, hieß es, spekuliere wohl mehr
        auf die Ablehnung von Verhandlungen durch Präsident Uribe und hoffe, dann die mangelnde Dialogbereitschaft der
        Regierung politisch und diplomatisch anprangern zu können. 
        Ginge es um wirkliche politische Verhandlungen, so könnten an deren Beginn humanitäre Vereinbarungen stehen. Doch
        auch in der Frage des Austauschs von inhaftierten Guerilleros gegen die als "Kriegsgefangene" bezeichneten Geiseln
        der Rebellen deutet nichts auf eine Einigung hin. Während die Guerilla etwa zwanzig Politiker, fünfundvierzig Militärs und
        drei US-Bürger gegen Hunderte ihrer Kämpfer austauschen will, fordert die Regierung die Freilassung aller Geiseln - auch
        derer, die nur festgehalten werden, um Lösegeld zu erpressen. 
        Berliner Zeitung, 21.08.2003
        Kolumbiens Präsident setzt Militär unter Druck
        Als Reaktion auf die jüngste Anschlagsserie in Kolumbien hat Präsident Alvaro Uribe den Druck auf das Militär
        verstärkt. Diejenigen Oberbefehlshaber, die ihr Verwaltungsgebiet nicht in den Griff bekämen, müssten zurücktreten,
        sagte Uribe am Montag bei einer Sicherheitsberatung im Verteidigungsministerium. Nach Verwaltungsgebieten,
        Brigaden und Einheiten seien entsprechende Berichte zusammengetragen worden und würden jetzt analysiert. (AFP) 
        Berliner Zeitung, 13.08.2003
        Dritter Bombenanschlag in kurzer Zeit in Kolumbien
        BOGOTA. Beim dritten Bombenanschlag binnen drei Tagen sind in Kolumbien mindestens zwanzig Menschen                 verletzt worden. Die Autobombe sei am Sonntagabend (Ortszeit) in der Nähe einer Tankstelle explodiert, teilte die Polizei
        mit. Dabei sei erheblicher Sachschaden entstanden. Der Anschlag gehe offensichtlich auf das Konto der Farc, der
        linksgerichteten Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens. (AFP) 
        Berliner Zeitung, 12.08.2003
        Demonstration gegen Terror in Kolumbien
        Nach dem Bombenanschlag in der kolumbianischen Hauptstadt Bogota mit 33 Toten haben mehr als 15 000
        Menschen gegen die Gewalt im Lande demonstriert. Die Regierung beschuldigte die marxistische Rebellengruppe
        "Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens" (Farc), den Anschlag auf eine Freizeit- und Vergnügungsanlage in Bogota
        begangen zu haben. 
        Berliner Zeitung, 11.02.2003
        Ausnahmezustand in Kolumbien verlängert
        BOGOTA. Kolumbien s Präsident Alvaro Uribe hat den am 12. August verhängten Ausnahmezustand zum zweiten         und letzten Mal um weitere 90 Tage verlängert. Noch immer seien bewaffnete illegale Gruppen aktiv, und die öffentliche         Ordnung werde in extremem Maße gestört, hieß es am Mittwoch (Ortszeit) zur Begründung. (AFP) 
        Berliner Zeitung, 07.02.2003
        Der lange Krieg 
        In Kolumbien bekämpfen sich linke Guerillas, rechte Paramilitärs und Regierungstruppen. Finanziert wird der Konflikt auch         mit Geldern aus den USA
        BOGOTÁ, im Januar. Eine Fahrt ans Meer kann aufregend sein. In Kolumbien liegt das weniger am Meer, als an der         Fahrt dorthin. Viele Straßen werden von Guerillas kontrolliert; wer aussieht, als könnte er irgendjemandem ein Lösegeld         wert sein, läuft Gefahr, entführt zu werden. Deshalb war für Hunderttausende Kolumbianer eine Fahrt ans Meer das         schönste Weihnachtsgeschenk, das ihnen ihr Präsident machen konnte. Seit Jahren hatten es die Kolumbianer         aufgegeben, durchs Land zu fahren. Wer es sich leisten konnte, flog. Die anderen blieben zu Hause, weil eine Fahrt zu                 unsicher war. 
        Weihnachten aber ordnete Präsident Alvaro Uribe an, dass mehr als 25 000 Polizisten und 20 000 Soldaten auf         Motorrädern, in Jeeps, Panzern und Helikoptern rund 8 000 Kilometer Straßen bewachen sollen - in einem Land, das so         groß ist wie Frankreich und Spanien zusammen. Die Bürger nahmen das Angebot dankbar an. Nach Schätzungen fuhren         mehr als 3,5 Millionen Fahrzeuge durchs Land; viele davon von Bogota ans Meer. 
        Manche der Auto-Karawanen waren mehr als zwölf Stunden unterwegs, die Menschen schwenkten Fahnen aus den         Autofenstern, sie hupten und auf Transparenten stand: "Lang lebe Kolumbien ." Hotels in der Karibik, die sonst nicht mal         halb ausgelastet sind, meldeten plötzlich, sie seien ausgebucht. Fast schien es, als sei für ein paar Tage Frieden in         Kolumbien. 
        Dass der Bürgerkrieg das Land beherrscht, daran erinnerte ein Video, das im Fernsehen zu sehen war. Eine Botschaft         von entführten Parlamentariern. Die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt, ein ehemaliger         Verteidigungsminister, Regional- und Bundespolitiker werden seit April an einem unbekannten Ort im Dschungel         festgehalten. Sie wirkten müde, als sie einer nach dem anderen auf dem Bildschirm erschienen und ihren Angehörigen         eine Frohe Weihnacht wünschten. Gemeinsam baten sie Uribe, sie gegen gefangene Guerillas der linken FARC         einzutauschen. Uribe lehnte ab. So wie er solche Angebote in der Vergangenheit stets abgelehnt hatte. 
        Uribe regiert mit Notstandsgesetzen. Menschenrechtsgruppen werfen ihm vor, er habe Bürgerrechte ausgehöhlt. Doch         laut Umfragen bewerten Kolumbianer erstmals seit Jahren die Entwicklung positiv - auch wenn eine Eskalation des         Bürgerkrieges erwartet wird. Im Mai haben die Kolumbianer mit Alvaro Uribe einen Mann zum Präsidenten gewählt,         dessen Politik unweigerlich auf eine blutige Konfrontation mit den Guerillas hinausläuft. Uribes Vorgänger Andres         Pastrana war 1998 gewählt worden, weil er Frieden versprach. Alvaro Uribe wurde gewählt, weil er Krieg versprochen hat.         Pastrana hatte den Guerillas ein Stück Land von der Größe der Schweiz überlassen - danach musste er zusehen, wie die         Guerillas in diesem Teil des Landes Plantagen zum Kokainanbau unterhielten und Menschen entführten - um an Geld zu         kommen. Als sie im Februar ein Flugzeug mit einem Senator an Bord entführten, brach Pastrana den Friedensprozess ab         und schickte Militär. 
        Nach Pastranas gescheitertem Friedensprozess sei Krieg gegen die linken Rebellen und rechten Paramilitärs der         einzige Weg zu Frieden und Sicherheit, sagte Uribe. Während Uribes Amtseinführung im August schlugen Bomben in der         Nähe des Regierungssitzes ein und töteten neunzehn Menschen. Das war das Zeichen der Guerillas, dass sie den Kampf         mit dem neuen Präsidenten aufnehmen wollen. Uribe war Bürgermeister der ehemaligen Drogenhochburg Medellin und         ist Kampf gewohnt. Er hat eine Kriegssteuer erlassen, vierzehn Botschaften und zehn Konsulate geschlossen, um den         Militäretat zu verdoppeln und Polizei und Militär um 100 000 Mann aufzustocken. Zehntausende von Bürgern hat er zu         Spitzeln gemacht. Seit seiner Amtsübernahme starben bei Gefechten und Anschlägen fast doppelt so viele Menschen wie         im Vorjahreszeitraum. Mehr und mehr verlagern sich die Kämpfe in große Städte. 
        Wie verstrickt die Situation in Kolumbien ist, wird am Schicksal jener drei Männer deutlich, die den Krieg mit ihren Truppen         führen. Dem neuen Präsidenten, Alvaro Uribe. Dem Führer der linken Guerillas FARC, Manuel Marulanda, und dem Führer         der rechten Paramilitärs, Carlos Castano. Manuel Marulanda verlor Kühe, Schweine und Hühner, als Regierungstruppen         vor vierzig Jahren das Land verwüsteten, das er und andere arme Bauern besiedelten. Unter dem Eindruck von Castros         Revolution auf Kuba griffen sie zu den Waffen - und kämpfen seit 1964 dafür, die Regierung zu stürzen und das Land neu         zu verteilen. 
        Alvaro Uribes Vater war ein Großgrundbesitzer, ihm gehörten bis zu siebzig Farmen - die Rebellen ermordeten ihn 1983,         weil er für sie zum Establishment gehörte. Rebellen waren es auch, die Uribe mit Todesdrohungen daran hinderten, am         Begräbnis seiner Mutter teilzunehmen. Während des Wahlkampfs versuchten Uribes Gegner ihm Verbindungen zu         Drogendealern nachzuweisen, weil sein Vater mit einem von ihnen persönlich bekannt war - beide waren         Pferdeliebhaber. Bei einem ehemaligen Bürgermeister der Drogenhauptstadt Medellin sind solche Kontakte in der         Familie nichts Besonderes. Uribes Politik ist aus einem anderen Grund bedenklich: wegen seiner engen Zusammenarbeit         mit den Paramilitärs. 
        Die Paramilitärs verdanken ihre Gründung der Ermordung von Castanos Vater. Als die Rebellen ihn vor zwanzig Jahren         entführt und - weil die Familie kein Lösegeld zahlen konnte - getötet hatten, schwor sein Sohn Fidel Rache und gründete         die berüchtigte Todestruppe. 1994 starb Fidel Castano im Kampf mit Rebellen; sein jüngerer Bruder Carlos übernahm die         Führung. 
        Kolumbien gilt als älteste Demokratie in Südamerika. Doch meist wurde das Land von politischer Gewalt und         Bürgerkriegen geplagt. Auch heute stehen sich Menschen gegenüber, die ihr ganzes Leben nichts Anderes kennen         gelernt haben als Bürgerkrieg und ihr Selbstbewusstsein aus der Zugehörigkeit zu einer der Kämpfertruppen ziehen. Die         illegalen Armeen finanzieren mit Drogen ihren Krieg - neunzig Prozent des Kokains in den USA stammen aus Kolumbien .         Auf Zivilisten nehmen die Armeen keine Rücksicht. Mehr als einhundert Städte werden von den Kämpfern beherrscht,         schutzlos sind die Menschen ihnen ausgeliefert. Guerillas zwingen Zivilisten mit Waffengewalt, ihnen zu helfen. Andernfalls         würden sie ihre Familie töten. Paramilitärs hören davon und bringen die Zivilisten um, weil sie den Guerillas halfen. Es ist         ein nicht endender Kreislauf der Gewalt und Präsident Uribe soll ihn nun endlich durchbrechen. 
        Offiziell kämpft Uribe gegen linke Guerillas und die rechten Militärs. Tatsächlich aber kämpfen die Paramilitärs auf seiner         Seite gegen die 17 000 Guerillas. Uribe ist dabei auf Geld aus Washington angewiesen. Die Regierungstruppen erhalten         Millionen Dollar aus den USA, um den Drogenanbau zu bekämpfen. Die linken Rebellen bauen Drogen an. Also kann         Uribe sie mit amerikanischen Geldern bekämpfen. So weit ist es einfach. Kompliziert aber ist die Situation, weil auch ein         Teil der Paramilitärs sich durch Drogengelder finanziert. Immerhin kosten die 15 000 Paramilitärs monatlich rund 4,5         Millionen Dollar. 
        Lange Zeit hat die amerikanische Regierung zugesehen. Doch als Uribe im September Washington besuchte und um         mehr Unterstützung bat, haben die USA drei Paramilitärs zur Fahndung ausgeschrieben, darunter auch ihren Boss Carlos         Castano. Die Paramilitärs würden sich als Friedenskämpfer darstellen, sagte der amerikanische Justizminister John         Ashcroft. In Wirklichkeit seien sie jedoch "Kriminelle, die unsere Bürger vergiften und unsere nationale Sicherheit         gefährden". Mehr als siebzehn Tonnen Kokain hätten sie seit 1997 in die USA geschafft. Castano schrieb der         amerikanischen Botschaft, er stelle sich gerne freiwillig, um seine Unschuld zu beweisen. Im vergangenen Jahr         veröffentlichte er eine Biografie und schrieb, es sei traurig, dass seine Truppen sich aus Drogengeldern finanziert hätten.         Seine Reue ist dabei nicht ohne Eigennutz. Es geht das Gerücht, Castano bereite einen legalen Einstieg in die Politik vor.         Dass er gestattet, Drogenanbaugebiete der Paramilitärs zu vernichten, soll ihn in den Augen der USA akzeptabel         machen. 
        Bereits vor einem Jahr hatte Castano angekündigt, seine Soldaten würden keine so genannten Massaker - laut Definition         der Regierung: die Ermordung von vier oder mehr Zivilisten - mehr anrichten. Nach offizieller Darstellung hat er Wort         gehalten. In Wirklichkeit richten die Paramilitärs nun keine Gemetzel mehr an, sondern morden Nacht für Nacht einen         anderen Sympathisanten der Guerilla. Ein einzelner Mord aber ist keine Nachricht - und deshalb nie passiert. Die Zahl der         Massaker ist gesunken, die der Opfer der Paramilitärs gestiegen. In Washington wurden im Kongress zwar Befürchtungen         über "ein weiteres Vietnam" in den Anden laut. Aber im vierten Jahr, in dem sich die USA nun schon mit massiver         Finanzhilfe am Krieg beteiligen, engagieren sie sich stärker als je zuvor: Rund zwei Milliarden Dollar haben die USA seit         dem Jahr 2 000 in den Kampf gegen Drogen gesteckt. Jahrelang haben sie betont, sie würden nur den Kampf gegen den         Drogenanbau finanzieren. Doch im November sind erstmals amerikanische Militärberater in Kolumbien eingetroffen, um         eine Einheit im Kampf gegen die Rebellen auszubilden. 
        In den nächsten zwei Jahren werden sechzig US-Militärs 4 000 Kolumbianer ausbilden; Armee und Polizei erhielten 130         Helikopter. Im Dezember besuchte Außenminister Colin L. Powell das Ausbildungslager und versprach, er werde sich im         Kongress dafür einsetzen, dass die 2003 um 25 Prozent auf 537 Millionen Dollar erhöhte Finanzhilfe 2004 nochmals erhöht         werde. 
        Die von den USA ausgebildete Truppe soll künftig die Öl-Pipeline im Osten des Landes verteidigen, die von der         amerikanischen Firma Occidental betrieben wird. Die Rebellen betrachten Occidental als Symbol des amerikanischen         Imperialismus und haben die Pipeline seit Anfang der 80er-Jahre knapp tausend Mal bombardiert. Sie stehlen Öl und         handeln damit auf dem Schwarzmarkt. Weihnachten sprengten Rebellen einen Bus in die Luft, der Arbeiter an die Ölfelder         bringen sollte - zwei Arbeiter starben. Kolumbien bezieht ein Viertel seiner Einnahmen aus dem Ölgeschäft; im         vergangenen Jahr entgingen dem Staat durch die Anschläge fünfhundert Millionen Dollar. 
        Ein eskalierender Konflikt bedroht auch amerikanische Ölinteressen. Bislang importieren die USA rund zwanzig Prozent         ihres Ölbedarfs aus Venezuela, Ecuador und Kolumbien. Wie der Bürgerkrieg in Kolumbien weitergehen wird, ist                 ungewiss - doch eines scheint sicher: Die USA werden ihren Einfluss weiter verstärken. 
        Berliner Zeitung, 07.01.2003
        "Wegen guter Führung" 
        Drogenboss kommt frei
        BOGOTA, 8. November. Als einer der Chefs des Cali-Kartells soll Gilberto Rodriguez Orejuela Mitte der 90er Jahre                 vier Fünftel des weltweiten Kokainhandels kontrolliert haben. In der Nacht zum Freitag verließ er das                         Hochsicherheitsgefängnis in Boyaca als freier Mann: Wegen "guter Führung" wurden ihm die letzten acht seiner 15                 Haftjahre erlassen.
        Seine Verhaftung und Verurteilung 1995 galt als größter Erfolg der Drogenbekämpfung in Kolumbien , seine Entlassung                 sieht die gegenwärtige kolumbianische Regierung als ihre bisher größte Niederlage an. "Ich weiß nicht, wie ich vor die                 Weltöffentlichkeit treten soll, aber wir haben alles getan, was möglich war", sagte Präsident Alvaro Uribe, der von einem         "Tag der Trauer" für Kolumbien sprach.
        Sieben Jahre Haft, das ist das Strafmaß, mit dem normalerweise ein "Maultier", ein Drogenkurier, bestraft wird. Dass                 Rodriguez so früh freikommt, verdankt er der Entscheidung einer Richterin, die die üblichen Strafnachlässe für gute                 Führung in Rechnung stellte und daher keinen Grund sah, dem Drogenboss zu versagen, was anderen Kriminellen                 gewährt wird.
        Gefängnischef gefeuert Die Regierung, die einen harten Anti-Drogen-Kurs steuert, äußerte allerdings den Verdacht, die                 Richterin und weitere mit der Entscheidung befasste Juristen seien von Rodriguez einfach bestochen worden. Der Chef                 des Gefängnisses, ein Militär, wurde kurzerhand gefeuert, weil er keine Einwände gegen die Freilassung geltend machte.         Die kolumbianische Juristenvereinigung äußerte sich empört über die Einmischung der Exekutive.
        Gilberto Rodriguez Orejuela leitete bis zu seiner Verhaftung gemeinsam mit seinem Bruder Miguel das Kokain-Kartell von         Cali, das nach der Ausschaltung seiner wichtigsten Rivalen 80 Prozent des weltweiten Kokainhandels kontrolliert haben                 soll. Die US-Drogenbekämpfungsbehörde DEA schätzte die Jahresgewinne der Gebrüder Rodriguez damals auf acht                 Milliarden Dollar. Sie sollen ein Vermögen von über 200 Milliarden Dollar angehäuft haben.
        Die US-Botschaft in Bogota äußerte "Bedauern" über die Entscheidung der Richterin. Offenbar sucht die US-Justiz,                 seitdem die Entscheidung anstand, in ihren Archiven fieberhaft nach Gründen, um eine Auslieferung Rodriguez                 beantragen zu können. 
        Berliner Zeitung, 09.11.2002
        Kolumbiens neuer Präsident tritt sein Amt an
        In Kolumbien tritt an diesem Mittwoch der neue Staatspräsident Álvaro Uribe unter strengsten                                 Sicherheitsvorkehrungen sein Amt an. Den Luftraum über Bogota soll die US-Luftwaffe kontrollieren. 
        Berliner Zeitung, 07.08.2002
        Uribe setzt auf Macht der Waffen
        BOGOTÁ, 6. August. Wenn Álvaro Uribe an diesem Mittwoch sein Amt als Staatschef Kolumbiens antritt, ist das mehr         als der Übergang von einem Präsidenten zum anderen. Die Amtsübernahme markiert den Beginn einer neuen Ära in                 seinem Land, denn der 49-jährige Uribe richtet die Politik Kolumbiens in fast allen Bereichen neu aus. Sein wichtigstes                 Projekt:         Nach fast 40 Jahren Bürgerkrieg und vier Jahren fruchtloser Friedenspolitik will der neue Staatschef mit einer                 Politik der         Härte die         linksgerichtete Guerilla und die ultrarechten Paramilitärs in die Knie zwingen.
        Vor allem dafür haben 53 Prozent der Kolumbianer Uribe Ende Mai bereits in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl         ins Amt gehievt. Sie hatten genug von der Dialogpolitik der Regierung von Andrés Pastrana, die dem Land nur mehr Krieg         gebracht hat. Uribe hält - anders als Pastrana - im Konflikt mit Guerilla und Paramilitärs Waffen für die stärksten Argumente.         Er will die Guerilla militärisch so schwächen, dass sie zu seinen Bedingungen an den Verhandlungstisch zurückkehrt. Der         Staat müsse die Autorität zurückgewinnen, lautet Uribes zentrale These, und mit ihr spricht er der Bevölkerung aus dem                 Herzen.
        Doch an diesem Punkt liegt auch das größte Risiko. Niemand weiß, ob die Politik der Härte nicht zu noch mehr                 Blutvergießen führt. Mehrere Anschläge und Attentatsversuche im ganzen Land in der vergangenen Woche waren so                 etwas wie der Willkommensgruß an Uribe. Vor allem die linksgerichtete Farc, die mit 18 000 Kämpfern größte Guerilla                 Lateinamerikas, wird Uribe das Leben schwer machen.
        Auf wirtschaftlichem Gebiet ist die Aufgabe nicht einfacher. Uribe muss dafür sorgen, dass sein Land nicht in den Sog der         Krisenländer Brasilien, Uruguay und Argentinien gerät. Der Bürgerkrieg, die hohe Verschuldung und der Verfall der Preise         für die Exportgüter Kaffee und Öl haben Kolumbien in die schwerste Wirtschaftkrise seiner Geschichte gestürzt. Die                 Investitionsquote ist eine der niedrigsten weltweit. Zwei von drei Kolumbianern leben in Armut. Uribe will tausende                 Staatsdiener entlassen und mehrere Ministerien auflösen. Eine neue "Kriegssteuer" soll eine Milliarde Dollar für den                 Kampf gegen die bewaffneten Gruppen in die Staatskasse spülen.
        Dass sich Uribe nicht um Pfründe und Gewohnheitsrecht zu scheren gedenkt, zeigt sein Plan, das weitgehend ineffiziente         Parlament von 268 auf 150 Abgeordnete zu verkleinern und dabei Senat und Abgeordnetenkammer zu einer Kammer zu         verschmelzen. Auch die Zusammensetzung seines Kabinetts lässt aufhorchen: Sechs der dreizehn Ministerien, darunter         Ressorts wie Verteidigung und Äußeres, werden von Frauen geführt - nicht nur für Lateinamerika revolutionär.
        "Präsident Uribes Politik untergräbt den Schutz von Zivilisten. Sie droht den Konflikt zu verschärfen, statt ihn zu lösen. "                 amnesty international. 
        Berliner Zeitung, 07.08.2002
        Journalist in Kolumbien ermordet
        BOGOTA. Im Nordosten Kolumbien s ist der Journalist Mario Prada Díaz (44) ermordet worden. Nach Angaben der         Tageszeitung "El Tiempo" vom Samstag wurde der Gründer und Leiter des Kulturmagazins "Horizonte Sabanero" nahe         des Ortes Sabana de Torres durch vier Schüsse getötet. Auf die Täter gab es noch keine Hinweise. Der Chefredakteur ist         der zweite Journalist, der innerhalb von 14 Tagen in Kolumbien ermordet wurde. Kolumbien ist eines der gefährlichsten         Länder für Journalisten. Seit Jahresanfang fielen mindestens fünf Medienvertreter einem Anschlag zum Opfer. Im         Bürgerkrieg erklären die linksgerichteten Guerillagruppen und die Rechtsextremen Journalisten immer häufiger zu         "militärischen Zielen". (epd) 
        Berliner Zeitung, 15.07.2002
        Farc bedroht auch Bürgermeister von Bogota
        BOGOTA. Die Farc-Guerilla in Kolumbien verstärkt offenbar ihre Drohungen gegen Bürgermeister und                 Gemeinderäte. Die kommunalen Mandatsträger von neun weiteren Provinzen sollten zum Rücktritt aufgefordert werden,                 heißt es in einem Funkspruch der Guerilla, den die kolumbianische Armee nach Angaben der Zeitung "El Tiempo"                 aufgefangen hat. Wer sich widersetze, könne "gefangen genommen oder hingerichtet" werden. Der Zeitung zufolge gehört         auch Antanas Mockus, der Bürgermeister der Hauptstadt Bogota, zu den Bedrohten. (epd) 
        Berliner Zeitung, 25.06.2002
        113 Politiker in Kolumbien legen ihre Ämter nieder
        BOGOTA. Nach Morddrohungen durch die linksgerichtete Farc-Guerilla haben 23 kolumbianische Bürgermeister und         90 weitere Politiker ihren Rücktritt angekündigt. Angesichts der Drohungen "gegen Gemeinde-Institutionen, unsere         körperliche Unversehrtheit und das Leben unserer Familien sehen wir uns gezwungen, (...) unser Mandat niederzulegen",         hieß es in einer Erklärung. (AFP) 
        Berliner Zeitung, 24.06.2002
        Der Rechtspopulist Uribe wird neuer Präsident von Kolumbien 
        Klarer Sieg bereits im ersten Wahlgang / Harter Kurs könnte zur Verschärfung des Bürgerkrieges führen
        BOGOTA, 27. Mai. Mit deutlicher Mehrheit haben die Kolumbianer den parteiunabhängigen Kandidaten Álvaro Uribe         zum neuen Präsidenten gewählt. Für den Juristen stimmten nach offiziellen Angaben am Sonntag 52,9 Prozent der Wähler.         Damit sicherte sich der Rechtspopulist überraschend bereits im ersten Wahlgang den Sieg über den Kandidaten der         Liberalen Partei, Ex-Innenminister Horacio Serpa, der 31,8 Prozent der Stimmen erhielt. Der Bewerber der Linken, Luís         Eduardo Garzón, erreichte mit 6,2 Prozent den dritten Platz. Für die seit Februar von der Farc-Guerilla festgehaltene         Kandidatin Ingrid Betancourt stimmten lediglich 0,5 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag mit nur 45 Prozent noch deutlich         niedriger als vor vier Jahren. 
        Uribe hatte im Wahlkampf versprochen, die Autorität des Staates zu stärken und mit harter Hand gegen die Gewalt der         linken Guerilla, der rechten Paramilitärs und der Drogen-Industrie vorzugehen. Die US-Botschafterin in Bogota , Anne         Patterson, sicherte ihm dafür die Unterstützung Washingtons zu. Nach Angaben von Innenminister Armando Estrada         verlief die Wahl "relativ ruhig". Allerdings habe es sechs Tote und vier Verletzte und mehrere Anschläge gegen Brücken         und Fernstraßen gegeben. 
        Beobachter in Bogota erklärten den deutlichen Wahlsieg Uribes mit dem sehnlichen Wunsch der Bevölkerung, der         künftige Präsident möge nach 40 Jahren Bürgerkrieg und mehr als 200 000 Toten endlich Frieden bringen - und sei es mit         Krieg. Setzte der scheidende Präsident Andrés Pastrana im Dialog mit der linksgerichteten Farc vergeblich auf         Verhandlungen, lautet Uribes Lösung: "Erst Krieg, dann Verhandlungen. " Er will den Rebellen seine Bedingungen                 diktieren können. 
        Uribes Kompromisslosigkeit beeindruckte viele Kolumbianer. Ob sie zum Erfolg führen kann, ist jedoch fraglich in einem         Land, in dem die Autorität des Staates und somit die Bewegungsfreiheit für die Bevölkerung zumeist an den Grenzen der         großen Städte endet. Zwei Drittel Kolumbiens sind in der Hand der Farc, kleinerer linker Rebellengruppen oder der         Paramilitärs. 
        Uribe hat angekündigt, er werde die Zahl der Soldaten verdoppeln und die Zivilbevölkerung zur Bekämpfung der         bewaffneten Gruppen - vor allem der 18 000 Kämpfer der Farc - heranziehen. Das dürfte dazu führen, dass sich die         Rebellen stärker als bisher ihrer Wurzeln als Guerilleros erinnern. "Wenn der militärische Konflikt eskaliert, wird die Farc         mit mehr Terror, mehr Entführungen, mehr Anschlägen antworten", sagt Michael Shifter vom Washingtoner         Forschungsinstitut "Inter-American Dialogue" voraus. 
        Zudem birgt die Intensivierung des Kriegs in Kolumbien die Gefahr, dass die gesamte Region destabilisiert wird.         Nachbarländer wie Brasilien, Peru und vor allem Ecuador, Venezuela und Panama könnten stärker als bisher in den         Konflikt gezogen werden. Schon jetzt lässt die Farc - genauso wie die Paramilitärs - über Ecuador und Panama Kokain         aus dem Land heraus- und Waffen hereinschmuggeln. Für die Guerilla könnte es sich auszahlen, den Konflikt in die         Nachbarländer hineinzutragen: Sie könnte auf diese Weise internationalen Druck auf den neuen Präsidenten in Bogota         bewirken, damit dieser den Dialog mit ihnen wieder aufnimmt. Zahlreiche Beobachter sagen voraus, dass Uribe früher         oder später ohnehin verhandeln muss, da ein Guerillakrieg gegen die Farc nicht zu gewinnen sei. 
        Bisher ist Uribe die Antworten schuldig geblieben, wie er Militär und Polizei in die Lage versetzen will, die Sicherheitslage         zu verbessern, und wie er diese Maßnahmen finanzieren will. Offenbar setzt der künftige Präsident auf die USA. Im         Gespräch mit der "Berliner Zeitung" sagte Uribe, er wolle Washington überzeugen, den "Plan Colombia" auch auf "den         Kampf gegen Terrorismus, Entführungen und Massaker" auszudehnen. Dieser Plan, offiziell eine Art         Wiederaufbau-Projekt für Kolumbien mit einem Budget von 7,5 Milliarden Dollar, wird von den USA mit 1,5 Milliarden         Dollar unterstützt. Kritiker im In- und Ausland hatten den Plan von Beginn an abgelehnt und erklärt, die militärische         Ausrichtung des Plans erschwere die Suche nach Frieden. 
        Berliner Zeitung, 28.05.2003
        Präsidentenwahl im Bürgerkrieg 
        Der rechte Politiker Alvaro Uribe ist in Kolumbien eindeutiger Favorit
        BOGOTA, 24. Mai. Wenn die Kolumbianer an diesem Sonntag über einen neuen Präsidenten abstimmen, werden die         Wähler einige Kandidaten kaum oder überhaupt nicht kennen. Eine Bewerberin ums Präsidentenamt ist seit fast drei         Monaten entführt, auf einen anderen Kandidaten wurden so viele Attentatsversuche verübt, dass er seit sechs Wochen         jeden öffentlichen Auftritt meidet. Die übrigen Bewerber treten lieber im Fernsehen als in der Öffentlichkeit auf, und wenn,         dann nur in kugelsicheren Westen. Wahlkampf in Kolumbien ist Wahlkampf im Bürgerkrieg. 
        Seit Präsident Andrés Pastrana Ende Februar nach drei fruchtlosen Jahren den Friedensprozess mit der linksgerichteten         Farc-Guerilla abbrach, haben die Rebellen den Krieg intensiviert und vom Land in die Städte getragen. Bombenattentate         sowie Anschläge auf Stromleitungen und Wassersysteme haben auch die Hauptstadt Bogota erreicht. In rund zwei Dritteln         Kolumbien s herrschen linke Rebellen oder ultra-rechte Paramilitärs - Ergebnis von fast 40 Jahren innerem Konflikt, der         bisher 200 000 Menschen das Leben gekostet, Hunderttausende zu Vertriebenen gemacht und die Wirtschaft ruiniert         hat. 
        Da kommt ein Mann wie Alvaro Uribe - Wahlkampfmotto "Harte Hand, großes Herz" - gerade recht. Der         parteiunabhängige Kandidat, der auf einen Sieg bereits im ersten Wahlgang hoffen darf, hält im Dialog mit der Farc die         Waffen für die stärksten Argumente. Er will die Guerilla militärisch so schwächen, dass sie zu den Bedingungen der         Regierung an den Verhandlungstisch zurückkehrt. Der Staat müsse die Autorität zurückgewinnen, lautet Uribes zentrale         These, mit der er der Bevölkerung aus dem Herzen spricht. Das Einzige, was den Wahlsieg des 49-Jährigen noch         verhindern könnte, ist eine Kugel der Guerilla. Zuletzt hatten unbekannte Täter am 14. April in der Stadt Barranquilla         versucht, Uribe in seinem Wagen in die Luft zu sprengen.
        "Ich biete den Kolumbianern eine entschiedene Regierung, die Gewalt und Korruption bekämpft", sagte Uribe im         Gespräch mit der "Berliner Zeitung". Er will die Zahl der Soldaten von derzeit 54 000 auf 100 000 nahezu verdoppeln und         die Streitkräfte perspektivisch von einer Freiwilligen- zu einer Berufsarmee umbauen. Die geschätzten Kosten von 150         Millionen Dollar jährlich sollen durch eine Extra- steuer sowie den Kampf gegen die Korruption gedeckt werden. Für die         Bevölkerung plant Uribe militärisches Training: "Ich will eine massive Zusammenarbeit zwischen den Bürgern und den         Sicherheitskräften." Für diesen Vorschlag ist der rechtsgerichtete Kandidat vor allem von         UN-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson kritisiert worden, die ihm vorwarf, Zivilisten bewaffnen und im Kampf         gegen rechte Paramilitärs und linke Guerilla einsetzen zu wollen. 
        Sollte Uribe in der ersten Runde die absolute Mehrheit verpassen, wäre sein Gegner in der Stichwahl vermutlich         Ex-Innenminister Horacio Serpa, Vertreter einer korrupten politischen Klasse, der die Kolumbianer schon lange nicht mehr         über den Weg trauen. Dem Liberalen werden am Sonntag maximal 30 Prozent der Stimmen zugetraut. 
        Alvaro Uribe-ein Mann der harten Hand // Alvaro Uribe hat sich im Wahlkampf als Vertreter einer harten Linie gegenüber         den linken Rebellen profiliert. 
        Seine Gegner bezeichnen ihn als "Kandidaten der Paramilitärs". In der lange von Uribe regierten Provinz Antioquia sind         die rechten Milizen besonders stark. Uribe behauptet aber, er unterhalte keine Verbindungen zu den Paramilitärs. 
        Berliner Zeitung, 25.05.2002
        130 Tote bei Kämpfen in Kolumbien
        BOGOTA. Eine Woche vor der Präsidentenwahl in Kolumbien eskaliert der Bürgerkrieg weiter. Bei anhaltenden         Kämpfen zwischen linksgerichteten Rebellen und rechten Paramilitärs im Norden des Landes seien seit Dienstag         mindestens 130 Menschen getötet worden, teilte die Armee mit. (AFP) 
        Berliner Zeitung, 18.05.2002
        Schwere Kämpfe zwischen Guerilla und Paramilitärs 
        120 Zivilisten sterben in einer Kirche in Kolumbien
        BOGOTA, 5. Mai Am Rande der schwersten Kämpfe zwischen linksgerichteten Rebellen und ultrarechten         Paramilitärs seit Jahren sind in Kolumbien 120 Zivilisten getötet worden. Bei der Explosion in der Kirche der Ortschaft         Bojaya in der Urwaldprovinz Chocó wurden zudem rund einhundert Menschen verletzt, wie die Behörden am Freitag         mitteilten. Demnach suchten die Menschen in der Kirche Schutz vor den Gefechten, als dort ein Gas-Sprengsatz         detonierte. 
        Nach Angaben des Bürgermeisters von Bojaya kehrten Kämpfer der Guerillabewegung Farc nach Gefechten mit den         Paramilitärs ins Dorf zurück und warfen eine mit Sprengstoff gefüllte Gasflasche in die Kirche. Der Gouverneur der Provinz         erklärte, bisher seien 68 Leichen identifiziert worden. Die Überprüfung der Angaben ist nur schwer möglich, da die         Urwaldregion Chocó extrem unzugänglich ist. Es gibt kaum Straßen und Telefonleitungen. Das Gebiet ist nur per Boot         oder aus der Luft zu erreichen. 
        Bürgerkrieg eskaliert 
        Die Farc-Rebellen und die Paramilitärs der Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen (AUC) liefern sich seit Tagen heftige         Gefechte in der Region. Es geht dabei um den Zugang zur Karibik über den Fluss Atrato, über den Waffen, Drogen und         Lebensmittel transportiert werden. Lange Jahre war die Region in Hand der Farc. Inzwischen kontrollieren jedoch die AUC         den Großteil des Gebietes. 
        Seit dem Abbruch der Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und der Farc-Guerilla am 20. Februar ist der seit         fast 40 Jahren andauernde Bürgerkrieg wieder voll entbrannt. Dem Konflikt zwischen Guerillagruppen, Paramilitärs und         Armee fielen bislang rund 200 000 Menschen zum Opfer. Die meisten von ihnen waren Zivilisten. In drei Wochen wird in         Kolumbien ein neuer Präsident gewählt. Als Favorit gilt der unabhängige Politiker Alvaro Uribe, der sich zum Ziel gesetzt         hat, die Guerillabewegungen mit militärischer Gewalt zu zerschlagen. 
        Präsident Pastrana kritisiert EU 
        Der scheidende Präsident Andrés Pastrana äußerte am Wochenende sein Unverständnis darüber, dass die EU zwar die         Paramilitärs der AUC, nicht aber die Guerillabewegungen Farc und ELN auf ihre Liste von als terroristisch eingestuften         Organisationen aufgenommen hat. In einem Brief an den amtierenden EU-Ratspräsidenten und spanischen Premier José         María Aznar nannte Pastrana diese Entscheidung ein "Signal von Toleranz gegenüber feigen Angriffen der Guerilla auf         die Zivilbevölkerung". Die USA stufen seit Jahren die linken Guerillagruppen als terroristisch ein. Im vergangenen Jahr         erweiterte das State Department seine Liste dann um die Paramilitärs, die nach Angaben von Menschenrechtsgruppen für         die meisten Massaker in Kolumbien verantwortlich sind. 
        Berliner Zeitung, 06.05.2002
        Kleines Mädchen mit einem Kilo Heroin ertappt
        NEW YORK. Ein fünfjähriges Mädchen aus Kolumbien ist auf dem New
        Yorker Kennedy-Flughafen mit mehr als einem Kilogramm reinen Heroins im
        Gepäck ertappt worden. Das Mädchen war allein mit einer Maschine aus Bogota
        angekommen, teilten die US-Zollbehörden am Montagabend (Ortszeit) mit.
        Das Heroin wurde bei einer zufälligen Routinekontrolle in einem der beiden
        Koffer der Reisenden bereits am vergangenen Donnerstag entdeckt. (AFP) 
        Berliner Zeitung, 24.04.2002
        Maler der Dicken
        Fernando Botero ist der Maler der Dicken. Sein Bildpersonal quillt
        aus allen Hüllen und Formen - Boteros Paare und Madonnen, Heilige, Infanten
        und Bürgersleute, die er sich mit Vorliebe aus der europäischen
        Kunstgeschichte holt, haben alle Übergewicht. Der Künstler indes sagt:
        "Mein Verhältnis zu den Proportionen ist nicht gestört, das ist mein Begriff
        von Form und Farbe, ich will eine akzentuierte Körperlichkeit." In einer
        Zeit, in der die europäische Kunst ständig neue Wege der Reduktion und
        Abstraktion suchte, wurde der heute vor 70 Jahren nahe Bogota geborene
        Künstler mit seinen unbekümmerten XXL-Modellen zum bekanntesten Künstler
        Lateinamerikas. Der Bürgerkrieg vertrieb ihn aus Kolumbien; seit 1973
        lebt Botero, der zuvor in Madrid und Florenz studiert hat, in Paris.
        Wer vor seinen Bildern und Plastiken steht, betritt eine Welt, in der
        extreme Körperlichkeit zur Regel wird, aber dass er die klassischen
        Vorlagen deformieren will, lässt sich schwerlich beweisen. Giacometti,
        der seine Figuren so dünn formte, bis sie im Raum zu verschwinden drohten,
        gab uns eine gern aufgegriffene Interpretationshilfe, als er sich zum
        Existenzialismus bekannte. Botero jedoch sagt: "Das Leben ist ein Fest,
        und für mich ist jedes Bild ein Stillleben." Mit diesem Satz erklärt er,
        warum seine naiven, üppigen Nackten so selbstverständlich in der Natur
        auftreten. Scham oder Komplexe kennen diese Ballongestalten nicht.
        Ist das alles schon surreal? Oder operettenhaft? Eindeutig ist auf allen
        Bildern, in allen Plastiken nur die immergleiche heitere Inflation des
        Fleisches. Botero spricht "vom Spiel der Kräfte". Er lässt sie nach innen
        wirken, ins Zentrum. Daher die stoische Ruhe seiner wie in einer Traumwelt
        sitzenden weiblichen und männlichen Schwergewichte. 
        Berliner Zeitung, 19.04.2002
        Anschlag auf Kolumbiens Präsidentschaftskandidaten
        BOGOTA. Sechs Wochen vor der Präsidentschaftswahl in Kolumbien ist
        der aussichtsreichste Kandidat Alvaro Uribe knapp einem Attentat
        entgangen. Bei einem Besuch der nördlichen Küstenstadt Barranquilla
        explodierte am Sonntag (Ortszeit) eine Bombe nahe seiner Wagenkolonne.
        Dabei starben mindestens drei Menschen. (AFP) 
        Berliner Zeitung, 16.04.2002
        Aus Dank eiskalt die Tür zugemacht 
        Juan Pablo Montoya gibt Michael Schumacher die Schuld am Beinahe-Crash
        in der Startphase
        SÃO PAULO, 1. April. Die Augen von Juan Pablo Montoya funkelten, und
        seine Stimme klang zornig. Wieder mal hatte ein Crash-Kurs mit Weltmeister
        Michael Schumacher den Heißsporn aus Kolumbien schnell aus der Bahn geworfen.
        "Ich dachte, Michael ist ein fairer Racer. Aber er ist es definitiv nicht.
        Er hat zu früh gebremst", schimpfte Montoya nach dem Großen Preis von
        Brasilien. Der BMW-Williams-Pilot stand zum vierten Mal in seiner
        Formel-1-Karriere auf dem ersten Startplatz, am Ende durfte er froh sein,
        als Fünfter wenigstens zwei WM-Punkte gewonnen zu haben. 
        Die Schuld gab Montoya erneut Michael Schumacher. Er habe dem Ferrari-Star
        in den ersten beiden Kurven Platz gelassen. Zum Dank habe ihm Schumacher
        eiskalt die Tür zugemacht. Montoya kollidierte mit einem Hinterrad des
        Deutschen, verlor den Frontflügel seines Autos und damit alle Siegchancen.
        Schumacher hingegen feierte in São Paulo seinen zweiten Saisonerfolg vor
        Bruder Ralf. 
        Das Start-Duell zwischen den absoluten Siegfahrern Schumacher und Montoya
        sorgte wie bereits 14 Tage zuvor bei der Kollision in Malaysia erneut
        für jede Menge Zünd- und Gesprächsstoff. Nach dem gemeinsamen Start aus
        der ersten Reihe überholte der Weltmeister seinen Rivalen in Kurve zwei.
        Dann wagte der Millionärssohn aus Bogota (sein Maskottchen ist ein unter
        Strom stehendes Skelett) einen Angriff: "Ich bin nach innen gefahren und
        habe meine Richtungsänderung zuerst gemacht. Ich hatte genug Tempo zum
        Überholen, aber Michael hat mich klar geschnitten." 
        Montoya musste in die Box, wo er zu allem Überfluss mit einem blauen
        Plastikband am Heckflügel einrollte. "In Malaysia haben sie mich bestraft,
        obwohl ich Michael Platz gelassen habe. Und diesmal habe ich wieder
        bezahlt. Soll das so weitergehen?", sagte Montoya stocksauer. Schumacher:
        "Die Rennkommissare haben die Sache sicher beachtet und waren nicht der
        Meinung, dass etwas zu tun sei. So etwas gehört zum Rennsport." 
        Montoyas Kommentare wollte der Ferrari-Pilot nicht bewerten, stattdessen
        beteuerte er seine Unschuld: "Er hat mir in Kurve zwei Platz gelassen.
        Was vor Kurve vier passiert ist, weiß ich nicht so genau: Ich bin nach
        links gefahren und habe ihm so die Außenbahn frei gelassen. Seine
        Berührung habe ich gar nicht bemerkt, an meinem Auto war jedenfalls
        alles okay." Montoya will sich auch in Zukunft nicht einschüchtern lassen:
        "Ich greife in zwei Wochen in Imola wieder an." 
        Abseits der Rennstrecke ist der 26-Jährige ein lieber Kerl - nach
        Brasilien lässt er seinen in den kolumbianischen Landesfarben glänzenden
        Helm mit Friedenstaube für Kinder in Not versteigern. Auf der Piste ist
        er aber ein "Alles-oder-Nichts-Fahrer": 1998 wurde er Formel-3000-Champion,
        ein Jahr später gewann er die US-Cart-Serie und 2000 die berühmten 500
        Meilen von Indianapolis. Seit seinem Formel-1-Debüt hat er Michael
        Schumacher bereits fünfmal überholt - so oft wie kein anderer Fahrer. (sid 
        Berliner Zeitung, 02.04.2002
        Im großen Krieg kein kleiner Frieden
        Drei Jahre lang hatten in Kolumbien die Regierung und die Farc-Guerilla
        in einer den Rebellen zugestandenen Schutzzone über einen Waffenstillstand
        und soziale Reformen verhandelt, während sich im Rest des Landes Soldaten
        und Guerilleros täglich neue Gefechte lieferten. Nun setzte Staatspräsident
        Andrés Pastrana dieser Schizophrenie des kleinen Friedens im großen Krieg
        ein Ende: Die Armee erhielt Befehl, die entmilitarisierte Zone
        zurückzuerobern. "Um Frieden zu schließen, braucht es zwei", sagte Pastrana.
        Die jüngste Entführung eines Senators aber zeige, dass sich die Guerilla
        für den Krieg entschieden habe. 
        Natürlich weisen die Rebellen jede Schuld weit von sich und machen allein
        den Präsidenten für das Ende des Friedensprozesses verantwortlich.
        Tatsächlich gehen die meisten Opfer des Konflikts nicht auf ihr Konto,
        sondern auf das der von der Armee unterstützten oder zumindest tolerierten
        Todesschwadronen. Die entmilitarisierte Zone von San Vicente war die
        einzige Region des Landes, aus der in den letzten drei Jahren keine
        Massaker vermeldet wurden. Wie Frieden möglich sein soll, solange die
        rechtsextremen Milizen fortbestehen, hat Pastrana noch nicht erklären
        können. 
        Nach dem Abbruch der Verhandlungen steht Kolumbien nun vor einer weiteren
        Eskalation des Konflikts. Die USA haben Bogota noch mehr Waffen und noch
        mehr Militärberater für den Kampf gegen die "Narko-Terroristen" angeboten.
        Die Guerilla pflegt indessen ihre Kontakte zur Regierung des
        Linksnationalisten Hugo Chavez im Nachbarland Venezuela. Der schon jetzt
        überaus blutige Bürgerkrieg droht zu einem Regionalkonflikt zu werden. 
        Berliner Zeitung, 22.02.2002
        Friedensprozess in Kolumbien gescheitert 
        Armee bombardiert das Gebiet der Farc-Rebellen
        BOGOTA, 21. Februar. Nach über drei Jahren hat der kolumbianische
        Präsident Andrés Pastrana am Mittwoch überraschend den Friedensprozess
        mit der linksgerichteten Farc-Guerilla für beendet erklärt. Die Rebellen
        hätten die Wahl gehabt und sich für Terrorismus entschieden und den
        Friedenswillen der Regierung mit einer "Ohrfeige" beantwortet, sagte der
        Staatschef am Mittwochabend in einer Fernsehansprache. Zugleich befahl
        Pastrana den Streitkräften, in die demilitarisierte Zone von der Größe
        der Schweiz einzumarschieren, die von den Rebellen der Revolutionären
        Streitkräfte Kolumbiens (Farc) gehalten wird. Seit Donnerstagfrüh seien
        bei 200 Lufteinsätzen 85 "strategische Ziele" in der Farc-Zone bombardiert
        worden, sagte ein Militärsprecher. 
        Die Entwicklung eskalierte, nachdem am Mittwoch ein Flugzeug mit dem Chef
        des Friedensausschusses des Senats an Bord entführt worden war. Die Tat
        wird der Farc zugeschrieben, der mit rund 17 000 Kämpfern größten
        Guerillaorganisation Kolumbiens. Erst vor einem guten Monat hatten sich
        Regierung und Rebellen nach zähen Verhandlungen darauf geeinigt, am
        7. April ein Waffenstillstandsabkommen zu unterzeichnen. Der Abbruch des
        Dialogs macht die Eskalation des seit 38 Jahren andauernden Bürgerkriegs
        zwischen Guerilla, rechten Paramilitärs und Armee, der 200 000 Menschen
        das Leben gekostet hat, wahrscheinlich. Pastrana bezeichnete die Rebellen
        als "Drogenhändler, Terroristen und Entführer". Er sei sich bewusst,
        "dass schwere Zeiten" auf Kolumbien zukommen werden. Der Präsident
        erkannte der Farc überdies den Status als politische Organisation ab und
        ordnete den Vollzug der ausgesetzten Haftbefehle gegen deren Führer an. 
        Berliner Zeitung, 22.02.2002
        Guerilla entführt Flugzeug mit Senator in Kolumbien
 
         BOGOTA. Kolumbianische Rebellen haben offenbar ein Passagierflugzeug
         entführt und einen mitreisenden Senator verschleppt. Die Luftpiraten
         zwangen die Maschine mit 37 Passagieren an Bord zur Landung im Süden,
         hieß es von der kolumbianischen Luftwaffe. Nach Angaben der
         Fluggesellschaft Aires entführten sie zwei Insassen und ließen die
         übrigen in der Maschine zurück. Die Regierung machte die
         marxistischen Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) für die Tat
         verantwortlich und sagte geplante Verhandlungen über einen
         Waffentstillstand ab. (AFP) 
         Berliner Zeitung, 21.02.2002
         Von wegen blütenrein 
         Auf den Blumenfarmen in Kolumbien geht es oft unmenschlich zu.
         Ein Verein will das ändern
         BOGOTA, 13. Februar. Es scheint, als träge jede Rose ein Bußgewand.
         Auf den Blumenmärkten in Kolumbien findet man von Zeit zu Zeit Rosen,
         deren äußere Blütenblätter verkohlt sind. So wird verhindert, dass sich
         die Knospe zu früh öffnet. Die Schönheit der Blüten hat einen hohen Preis.
         Bezahlt wird er von den Arbeitern auf den kolumbianischen Blumenfarmen.
         Kolumbien ist nach den Niederlanden der wichtigste Blumenexporteur der
         Welt. Im Jahr 2000 führte das südamerikanische Land Schnittblumen im
         Wert von 580,6 Millionen Dollar aus - umgerechnet rund 640 Millionen
         Euro - ein Drittel davon Rosen. 84 Prozent der Blumen gingen in die
         USA und zehn Prozent in Länder der EU. 
         Dauerwellen im Kühlhaus 
         Auf den kolumbianischen Blumenfarmen werden nach Angaben des World
         Ressources Institute 127 verschiedene und zum Teil gesundheitsgefährdende
         Pestizide versprüht. 20 Prozent von ihnen sind in den USA oder England
         nicht zugelassen, dennoch sind die Arbeiter - zu 80 Prozent Frauen -
         ihnen oft schutzlos ausgeliefert. 
         Unabhängige Gewerkschaften gibt es nicht, Arbeitsverträge sind fast
         bedeutungslos, die Fluktuationsrate ist hoch. Zudem, sagt die Arbeiter
         in Gloria Jaramillo, würde der ständige Wechsel zwischen der Kälte in
         den Kühlhäusern, in denen die Blumen vor dem Transport gelagert werden,
         und der Hitze unter den Gewächshausplanen ihre Gesundheit angreifen.
         "Manchmal bekommen wir von dem Temperaturwechsel Dauerwellen", sagt sie.
         Gloria Jaramillo hat mit 16 Jahren auf ihrer ersten Blumenfarm begonnen,
         inzwischen ist sie 25 Jahre dabei und hat 15 verschiedene Farmen kennen
         gelernt. Während andere Angestellte in Kolumbien nach 20-jähriger
         Dienstzeit eine Rente erhalten, steht sie mit leeren Händen da.
         "Wir arbeiten wie im Mittelalter", sagt sie. Als ihr letzter Vertrag
         annulliert wurde, gründete sie zusammen mit ihrer Kollegin Helida
         Duarte Gallo und 26 weiteren Arbeitern die Gewerkschaft Astraflor.
         Im Juni 2001 stellten sie zwei Streikposten vor den verantwortlichen
         Farmen auf, die seitdem rund um die Uhr besetzt sind. An den
         Arbeitsbedingungen änderte das aber nichts. 
         Dennoch wandern viele "desplazados", von den Paramilitärs oder der
         Guerilla vertriebene Landbewohner, zu Hunderttausenden in die Hügel um
         die Hauptstadt Bogota. Sie hoffen auf Arbeit in den Gewächshäusern in
         der Ebene von Bogota, wo rund 86 Prozent der gesamten kolumbianischen
         Blumenindustrie sitzt. Aber nur 75 000 von ihnen finden dort Arbeit. 
         Laura Rangel, Präsidentin von Cactus, einer Organisation, die für die
         Verbesserung von Arbeitsbedingungen auf den Blumenfarmen kämpft und
         unter anderem von "terre des hommes" und "Brot für die Welt" finanziert
         wird, gibt deshalb zu: "Etwas zu ändern ist in der jetzigen Situation
         schwer. Aber es kann doch nicht zu viel verlangt sein, gerechte Löhne
         oder Schutz für die Gesundheit zu fordern. " Manchem scheint das
         tatsächlich zu viel verlangt. Laura Rangel erzählt von Telefondrohungen
         gegen Mitarbeiterinnen und Verfolgungen bis vor die Haustür. Auch die
         kleine Gewerkschaft Astraflor berichtet von Übergriffen durch das
         Wachpersonal der bestreikten Farmen. 
         Unterstützung bekommen die Gewerkschafter aus Deutschland, dem größten
         Absatzmarkt für Schnittblumen in der EU. Berichte über die schlechten
         Arbeitsbedingungen schadeten zu Beginn der 90er-Jahre dem Image des
         Blumenhandels gewaltig, die Umsätze gingen zurück. 
         Der Bundesverband der deutschen Blumenimporteure hat deshalb zusammen
         mit Nichtregierungsorganisationen, Produzenten, Handelsorganisationen
         und Gewerkschaften das Flower Label Program (FLP) ins Leben gerufen.
         Seit 1999 kann man in Blumengeschäften Schnittblumen kaufen, bei denen
         durch ein Gütesiegel garantiert wird, dass sie aus menschenrechtlich
         vertretbarer und umweltschonender Produktion stammen. Ob die FLP-Kriterien
         bei der Produktion eingehalten werden, kontrollieren
         Menschenrechtsorganisationen vor Ort. "Die Blumenhändler und -produzenten
         haben sich auf ein sehr weit gehendes Programm eingelassen", sagt Frank
         Brassel, ein Mitglied im FLP-Direktorium. 
         Rund die Hälfte der von außerhalb der EU importierten Blumen tragen
         inzwischen das Gütesiegel. So sind etwa in Ecuador alle Rosenfarmen
         beteiligt. Die kolumbianische Blumenindustrie dagegen wehrt sich noch
         immer gegen eine solche Kontrolle. Doch auch hier brechen einzelne Farmen
         aus. Vielleicht kann Gloria Jaramillo bald ohne bitteren Unterton lachen,
         wenn sie auf dem Weg vom Kühlhaus hinüber ins warme Gewächshaus eine
         Dauerwelle bekommt. 
         Valentins heimliche Trauungen 
         Der Ursprung des Valentinstages reicht bis in vorchristliche Zeit zurück.
         Die Römer feierten am 15. Februar ein Frühlingsfest zu Ehren des Gottes
         Luperkus. An diesem Tag fanden sich auch junge Herzen. 
         Kaiser Claudius II. verbot seinen Soldaten zu heiraten. Der christliche
         Priester Valentin widersetzte sich dem Verbot und traute die Liebenden
         heimlich. Claudius ließ ihn dafür im Jahr 269 köpfen - am Vorabend des
         römischen Luperkus-Festes. 
         Valentin wurde später als Vater der Liebenden heilig gesprochen, das
         Frühlingsfest auf seinen Todestag, den 14. Februar, verlegt. 
         In Irland kam später der Brauch hinzu, dass sich Liebende zum
         Valentinstag Blumen schenken. 
         Viele Blumen werden in der Dritten Welt unter unmenschlichen Bedingungen
         gezüchtet. Eine Initiative fordert, zum Valentinstag nur fair gehandelte
         Blumen aus umweltgerechtem Anbau zu verschenken. 
         Berliner Zeitung, 14.02.2002
         Friedensprozess in Kolumbien gescheitert 
         Regierung bricht Dialog ab
 
         BOGOTA, 10. Januar. Der Friedensprozess in Kolumbien ist nach
         dreijährigen Verhandlungen gescheitert. Die Regierung erklärte die
         Verhandlungen mit der größten linksgerichteten Guerillagruppe, den
         Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (Farc), am Mittwoch für beendet.
         Die Farc wollten die Verhandlungen nicht fortsetzen, sagte der
         Regierungsbeauftragte Camilo Gómez zur Begründung. Ein Farc-Sprecher
         bestritt dies. Die Regierung allein sei für das Ende des
         Friedensprozesses verantwortlich, sagte er. Die Armee wurde in höchste
         Alarmbereitschaft versetzt. 
         Die Regierung stellte den Rebellen ein Ultimatum von 48 Stunden für den
         Rückzug aus der entmilitarisierten Sicherheitszone im Süden des Landes.
         Die Armee war im November 1998 aus dem Gebiet von der Größe der Schweiz
         abgezogen, wo rund 100 000 Menschen leben. In den vergangenen drei
         Jahren übte daraufhin die Guerilla die Kontrolle über die Zone aus. 
         Im staatlichen Rundfunk sagte Staatspräsident Andrés Pastrana, dies sei
         "nicht das Ende" des Prozesses. "Ich werde mich weiter für den Frieden
         einsetzen, Hand in Hand mit Ihnen allen", sagte er. Pastranas Amtszeit
         läuft jedoch Mitte des Jahres aus, und die chancenreichsten Bewerber
         um seine Nachfolge haben seine Friedensbemühungen in den vergangenen
         Jahren wiederholt scharf kritisiert. In dem seit vier Jahrzehnten
         andauernden Bürgerkrieg zwischen Armee, Guerilla und rechten
         Paramilitärs wurden bereits 200 000 Menschen getötet. Zwei Millionen
         Menschen flohen vor den Kämpfen. (AFP/hb.) 
         Berliner Zeitung, 11.01.2002
         Kolumbien liefert Drogenboss aus
 
         BOGOTA. Kolumbien hat am Dienstag den mutmaßlichen Drogenboss Alejandro
         Bernal an die USA ausgeliefert. Die US-Behörden machen ihn für den
         Schmuggel großer Mengen Kokain und Heroin in die USA und nach Europa
         verantwortlich. Kolumbien hatte im Zuge von Aussöhnungsversuchen die
         Auslieferungen eigener Staatsbürger 1991 eingestellt, 1997 aber wieder
         aufgenommen. Die USA forderten in der vergangenen Woche von der
         Regierung in Bogota, auch Guerilla-Führer auszuliefern. (epd) 
         Berliner Zeitung, 01.11.2001
         Kolumbianische Rebellen: US-Piloten fliegen Angriffe
 
         BOGOTA. Die linksgerichteten Farc-Rebellen in Kolumbien haben den USA
         die Beteiligung an Luftangriffen der kolumbianischen Armee vorgeworfen.
         US-Piloten unterstützten die Angriffe gegen Rebellenstellungen im
         Südwesten des Landes, sagte der Farc-Delegierte bei den
         Friedensgesprächen mit der Regierung. Auch den für Dienstag geplanten
         Kolumbien-Besuch von US-Außenminister Colin Powell wertete er als
         Zeichen für Washingtons militärische Interessen in Lateinamerika. (AFP) 
         Berliner Zeitung, 08.09.2001
         NORDIRLAND 
         Die Freunde in Washington sind irritiert
 
         LONDON, 21. August. Die drei im kolumbianischen Bogota verhafteten Iren
         sind noch nicht angeklagt, da ist man in Belfast schon um
         Schadensbegrenzung bemüht. Der Präsident der katholischen Sinn-Fein-Partei,
         Gerry Adams, hat seine Handlanger aus dem Urlaub geholt, um die
         Telefonleitungen über den Atlantik summen zu lassen. "Wir haben schon
         mit unseren Freunden in Washington gesprochen", heißt es beim politischen
         Flügel der Untergrundorganisation Irisch-Republikanische Armee (IRA),
         "um sicherzustellen, dass es keine Missverständnisse gibt. Wir haben
         gesagt, dass die Männer rein gar nichts mit Sinn Fein zu tun haben." 
         Eilig und eifrig wird zudem Zweifel daran gesät, dass die beiden
         mutmaßlichen IRA-Ingenieure Martin McCauley und James Monaghan sowie
         der - zumindest in Havanna so genannte - Sinn-Fein-Repräsentant Niall
         Connolly je ein Trainingslager der linksextremen, in Drogen- und
         Menschenhandel verwickelten FARC gesehen haben. 
         Seine Reisepläne für diesen Sommer soll Gerry Adams aber vorsichtshalber
         trotzdem überarbeitet haben. Vor allem die geplante Stippvisite bei
         Fidel Castro auf Kuba ist angeblich bereits gestrichen. Es könnte
         schließlich sein, dass die amerikanischen Freunde an den nordirischen
         Beteuerungen zweifeln. Denn die Berichte über eine kolumbianische
         Connection haben die irischen Republikaner an einer empfindlichen
         Stelle getroffen. 
         Amerika ist für Sinn Fein und die IRA gleich von doppelter Bedeutung.
         Zum einen gilt der direkte Draht in die Machtzentralen von Washington
         den Republikanern als diplomatisch-politischer Trumpf, mit dem jedwede
         unionistische Idee von einer Wiederausgrenzung Sinn Feins aus dem
         politischen Prozess gekontert werden kann. Zum anderen, was noch
         wichtiger ist, finanziert das irische Amerika seit Jahrzehnten den
         republikanischen Kampf; seit 1995 sogar ganz offiziell und mit vier
         Millionen auch legal einsetzbaren Dollar. Doch nun sind gleich beide
         Quellen bedroht. Der Kampf der CIA gegen die stalinistische FARC und
         ihren Drogenhandel ist in den USA überaus populär. Wer es mit den
         verhassten Kommunisten, Kidnappern und Kokainschmugglern hält, ist
         automatisch ein Feind Amerikas. 
         Nach Bekanntwerden der IRA-Verbindungen nach Kolumbien aber kommentierte
         die "Washington Post": "Mr. Adams hatte mal Freunde in Washington,
         aber ihre Zahl nimmt ab." Auch die "Baltimore Sun" gibt sich pikiert:
         "Die IRA hat einiges zu erklären. Entweder Sinn Fein ist eine
         konstitutionelle Partei in beiden Teilen Irlands, oder ihr Alter Ego,
         die IRA, ist Teil des internationalen revolutionären Terrorismus.
         " Dass die IRA möglicherweise schon seit vier Jahren mit der FARC
         koaliert und auch mit der politisch isolierten baskischen ETA
         zusammenarbeitet, hat man in den USA zu Gunsten britisch-irischer
         Harmonie gerne übersehen. Nun bricht die schlechte Presse dafür umso
         beleidigter aus. Erschwerend kommt hinzu, dass das Außenministerium
         den Status der "amerikanischen Freunde von Sinn Fein" überprüft, der
         offiziellen Spenden-kasse der Republikaner. Sollte die Verbindung von
         IRA und FARC nachweisbar sein, dann dürfte Sinn Fein den Status einer
         legitimen politischen Bewegung verlieren. 
         Berliner Zeitung,22.08.2001
         GESCHÄFTSKONTAKT 
         Lehrstunden in Bombenbau
         BERLIN, 14. August. James Monaghan, Martin McCauley und ein gewisser
         David Bracken haben der IRA einen schweren Imageschaden beigebracht.
         Eigentlich waren es nicht die drei Männer selbst, sondern jene
         Staubpartikel, die die Beamten von der kolumbianischen Spezialeinheit
         "Fiscalia" in Bogota an ihrer Kleidung entdeckten. Den Untersuchungen
         zufolge müssen die Herren in Kolumbien mit Sprengstoff, Kokain und
         Amphitaminen in Kontakt gekommen sein. 
         Nach Rücksprache mit ihren Kollegen aus Großbritannien erfuhren die
         Kolumbianer ferner, dass mindestens zwei der Festgenommenen in London
         wegen terroristischer Aktivitäten und Mitgliedschaft in der IRA gesucht
         werden. Details zum dritten Mann sind noch unbekannt. 
         Bereits seit fünf Wochen soll sich das Trio in Kolumbien , aber für die
         Polizei unerreichbar auf dem von der linksgerichteten "Revolutionären
         Streitkräfte" (Farc) kontrollierten Gelände, aufgehalten haben. Die drei
         Männer stammen offenbar aus der "Abteilung der Ingenieure" - wie die
         Bombenbauer innerhalb der IRA genannt werden - und sollen über Wochen
         hinweg ihre kolumbianischen Kollegen in dieser Fertigkeit unterwiesen
         haben. Die kolumbianischen Behörden folgern daraus, dass die Farc ihre
         Kampfbereitschaft nicht einschränken, sondern - im Gegenteil - künftig
         sogar noch auf Städte ausdehnen will. Dazu müssen man die Bomben-Technik
         beherrschen. 
         Auch für den nordirischen Friedensprozess hat die Festnahme Konsequenzen.
         Die IRA wird sich nur noch mit großen Schwierigkeiten als Organisation
         darstellen können, die das Friedensabkommen unterstützt und der "Gewalt
         abgeschworen hat". Vor allem deshalb nicht, weil die Experten der
         britischen und nordirischen Polizei davon ausgehen, dass die IRA ihre
         Lehrstunden im Bombenbauen nicht kostenlos erteilt hat. Im Gegenzug
         hätten die Iren Waffen- und Drogenlieferungen mit der Farc vereinbart. 
         Der jüngste "Entwaffnungsvorschlag" der IRA wirkt in diesem Zusammenhang
         wie eine Farce, ebenso wie die Erklärung vom Dienstag, dass der Vorschlag
         wieder zurückgezogen wird. Nach den Vorfällen in Kolumbien sehen sich
         die protestantischen Unionisten ohnehin in ihrer Meinung bestätigt,
         dass die IRA nicht ernsthaft an einer Entwaffnung interessiert ist.
         Vielmehr zeigt die Organisation ihr wahres Gesicht als Terrorgruppe,
         die ihre Aktivitäten nicht nur auf Nordirland konzentriere, sondern - dem
         Zeitgeist entsprechend - globalisiere. Als Partner im Friedensprozess
         sind sie dadurch unglaubwürdig geworden. 
         "Das Vertrauen ist nun ernsthaft, wenn nicht völlig, unterminiert.
         " Sir Reg Empey, Unionist 
         Berliner Zeitung, 15.08.2001
         Keine Spur von verschleppten Deutschen 
         Weiter kein Kontakt zu Guerilla in Kolumbien
         BOGOTA, 10. August. Die am 18. Juli von Rebellen der linksgerichteten
         "Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" (Farc) in Kolumbien entführten
         Deutschen bleiben im Busch verschwunden. Erste Versuche der Kontaktaufnahme
         zu den Kidnappern scheiterten offenbar nicht zuletzt an den Verschiebungen
         im Bürgerkriegsszenario. Still und leise ist Botschafter Georg Boomgarten,
         Chef der Lateinamerikaabteilung im Auswärtigen Amt, aus Bogota nach Berlin
         zurückgekehrt. 
         "Wir sind Teil des Friedens, nicht Teil des Krieges und der Gewalt", hatte
         der kurzfristig nach Kolumbien entsandte Diplomat immer wieder erklärt.
         Bei den Entführern des Entwicklungshelfers Ulrich Künzel, seines Bruders
         Thomas und des gemeinsamen Freundes Reiner Bruchmann fand er damit jedoch
         kein Gehör. Nicht einmal das ungefähre Aufenthaltsgebiet der im Département
         Cauca Verschleppten konnte Georg Boomgarten eruieren. 
         Damit verläuft auch diese Entführung nach dem klassischen Muster des
         Menschenraubs in Kolumbien : Nach einer Anfangsphase voller Hektik auf
         beiden Seiten hüllen sich die Kidnapper in tiefes Schweigen und treiben
         mit dieser Strategie der Verunsicherung den Preis für ihre Geiseln in die
         Höhe. 
         Gericht verbietet Gift-Einsatz 
         Für das Abtauchen der Guerilla gibt es jedoch in diesem Fall offenbar noch
         einen zweiten, politischen Grund. Die Rebellen hatten sich vorgenommen,
         mit dem Druckmittel der Entführung die kolumbianische Regierung zu
         Zugeständnissen in ihrer Anti-Drogen-Politik zu zwingen: Bogota sollte
         sich verpflichten, das Versprühen von Pflanzengiften über tatsächlichen
         und vermeintlichen Koka-Pflanzungen in der Cauca-Region einzustellen.
         Damit hätte sich die Farc, die Schutzgelder von den Drogenhändlern
         kassiert, nicht nur eine wichtige Einnahmequelle langfristig gesichert.
         Ebenso wichtig war ihr die Verbesserung ihrer gespannten Beziehungen zu
         den in dem Gebiet ansässigen Indianervölkern, die die Sprühflüge
         ebenfalls ablehnen, da sie ihnen den Lebensraum zerstören. 
         Doch die Rechnung der Guerilleros ging nicht auf. Die Eingeborenenverbände
         erwirkten kurz nach dem Kidnapping überraschend ein gerichtliches Verbot
         aller Sprühflüge - und entzogen den Entführern damit die Rechtfertigung
         für ihre Tat. 
         Zwar hob derselbe Richter wenige Tage später seine eigene Verfügung wieder
         auf, nachdem die US-Botschaft in Bogota der kolumbianischen Regierung mit
         "verheerenden Konsequenzen" gedroht hatte. Für das Schicksal der Brüder
         Künzel und von Reiner Bruchmann waren diese Verwicklungen aber bereits
         bedeutungslos: Der Versuch der Farc, sich bei den Indianern anzudienen,
         war gescheitert. Unter diesen Umständen kam eine schnelle Freilassung
         der Geiseln nicht mehr in Frage, denn nach der Logik des Bürgerkrieges
         wäre sie der Guerilla zwangsläufig als ein weiteres Zeichen von Schwäche
         ausgelegt worden. 
         Reiche Rebellen 
         Die verschiedenen Guerilla-Organisationen in Kolumbien verfügen nach
         Schätzungen der Regierung in Bogota über jährliche Einnahmen von umgerechnet
         rund 1,4 Milliarden Mark. 
         Raub, Erpressung, Entführungen und Drogenhandel seien die wichtigsten
         Einnahmequellen der Rebellen, heißt es in einem am Donnerstag
         veröffentlichten Bericht des Amtes für Planung und Statistik. 
         In Waffen und den Unterhalt ihrer Truppen investieren die Aufständischen
         nach diesen Angaben lediglich 350 Millionen Mark. Wohin der Überschuss
         von mehr als einer Milliarde Mark fließt, darüber enthält der Bericht
         keine Angaben. 
         Berliner Zeitung,11.08.2001
         Lufthansa streicht Übersee-Flüge 
         Grund Konjunkturflaute / Arbeitsplätze nicht gefährdet
         FRANKFURT A.M., 7. August. Die Lufthansa streicht wegen der
         "deutlich nachlassenden Weltkonjunktur" mehrere Interkontinental-Strecken
         und wird ihre Kapazitäten nicht wie geplant ausbauen. Wie das Unternehmen
         am Dienstag in Frankfurt am Main mitteilte, wird es mit Beginn des
         Winterflugplans das brasilianische Rio de Janeiro nicht mehr anfliegen.
         Anfang kommenden Jahres werden zudem die Verbindungen nach Bogota in
         Kolumbien und Taschkent in Usbekistan eingestellt. 
         Die Lufthansa senkte zugleich im Interkontinental-Verkehr das geplante
         Kapazitätswachstum von rund sieben Prozent pro Jahr auf nur noch drei
         Prozent. Die Maßnahmen gefährden nach Angaben einer Unternehmenssprecherin
         keine Arbeitsplätze bei der Lufthansa. Sie sollen auch keine Auswirkungen
         auf die Gewinnerwartungen haben. Neben den Streichungen der genannten
         Verbindungen will die Lufthansa auf den Flügen von Frankfurt in die
         US-Städte Atlanta und Detroit sowie ins kanadische Vancouver kleinere
         Flugzeuge einsetzen. Auf der Strecke von Frankfurt nach New York sollen
         von derzeit 28 Flügen pro Woche zwei gestrichen werden. Die gesamte
         Angebotsreduzierung entspricht laut Lufthansa dem Umfang von zwei
         Flugzeugen des Typs Boeing 747-200. Das Unternehmen begründete diesen
         Einschnitt damit, dass die von den USA ausgehende weltweite
         Konjunkturschwäche auch "signifikante Auswirkungen" auf die
         Luftverkehrsbranche habe. Besonders die Nachfrage im Interkontinental-Verkehr
         bleibe im Vergleich zum Vorjahr "deutlich zurück". Hinzu kämen steigende
         Kosten für Treibstoff, Technik oder Personal. Die Lufthansa betonte aber
         zugleich, ihre Planung jederzeit wieder angleichen zu können, wenn sich
         der Markt wieder positiv entwickelt. 
         Airbus spürt Nachfrageschwäche 
         Auch die wirtschaftlich angeschlagene belgische Fluggesellschaft Sabena
         wird ihren Flugplan deutlich ausdünnen. Neben den interkontinentalen
         Verbindungen nach Tokio und Washington werden nach Medienberichten vom
         Dienstag künftig auch sechs europäische Flugziele wegfallen. Außerdem
         sehe der Sanierungsplan von Sabena-Chef Christoph Müller vor, bis zu
         2 000 Vollzeitstellen zu streichen. Darüber hinaus sollen die Hotels der
         Fluggesellschaft, ihr Cateringbetrieb und die Frachtabteilung verkauft
         werden. 
         Der europäische Flugzeughersteller Airbus bekommt die Konjunkturflaute
         ebenfalls zu spüren. Statt wie vorgesehen 450 würden im übernächsten
         Jahr voraussichtlich nur 400 Maschinen ausgeliefert, sagte eine
         Konzernsprecherin am Dienstag. Verantwortlich dafür sei ein
         Nachfrage-Rückgang auf dem Flugzeugmarkt. "Es gibt einen Rückgang, den
         wir in Rechnung stellen müssen. Also haben wir unsere Kalkulationen
         angepasst." Mit einigen Kunden werde derzeit über einen Aufschub der
         Lieferungen verhandelt, sagte die Sprecherin. Die Lieferzahlen für 2001
         und 2002 von 330 und 390 Maschinen würden jedoch beibehalten. "Wir wachsen
         weiter, auch wenn es ein bisschen langsamer geht." (AFP, Reuters) 
         Berliner Zeitung, 08.08.2001
         Kolumbien gewinnt Südamerika-Cup
         Die Fußball-Nationalmannschaft Kolumbiens hat erstmals den Copa
         America gewonnen und damit in dem von jahrzehntelanger Gewalt zerrissenen
         Land einen Freudentaumel ausgelöst. Im Endspiel besiegten die Gastgeber
         in Bogota die Auswahl Mexikos mit 1:0. Den Siegtreffer erzielte in der
         65. Minute Kapitän Ivan Cordoba per Kopfball. Die Kolumbianer blieben
         in sechs siegreichen Spielen ohne Gegentor.  S
         Berliner Zeitung, 31.07.2001
         Ein sinnlos entwertetes Turnier 
         Kolumbien gewinnt das Finale der Copa America
         BOGOTA, 30. Juli. Ja, nein, ja. Als ein Funktionär des kolumbianischen
         Fußballverbands von Guerilleros entführt wurde, sagte die Südamerikanische
         Fußballfederation die Copa America ab. Als der Mann wieder auf freiem Fuß
         war, machten die Besitzer der Fernsehrechte Druck, das Turnier wurde wie
         geplant angepfiffen. Aber die nationalen Fußballverbände hatten Angst
         vor Attentaten und schickten nur ihre zweiten Mannschaften, Favorit
         Argentinien blieb ganz zu Hause. Das war die Vorgeschichte der
         Südamerika-Meisterschaft - strenge Sicherheitsvorkehrungen und Besonnenheit
         auf allen Seiten ließen das Turnier jetzt friedlich und sogar ohne eine
         einzige Fan-Schlägerei vorübergehen. Kolumbiens Trainer Francisco
         Maturana zog eine positive Bilanz: "Feiern, Freude, schöne Frauen - wir
         haben dem Ausland gezeigt, dass Kolumbien anders ist als viele denken." 
         Zähflüssiges Finale 
         Zum Glück war also der Sport das beherrschende Thema, aber in dieser
         Sache war am Ende leider weniger Erfreuliches zu vermelden. In einem
         zähflüssigen Endspiel konnte Gastgeber Kolumbien Mexiko mit viel
         Anstrengung schlagen. Beide Teams spielten unsicher und so langsam, dass
         sich mancher Fan auf den Rängen fragte, ob der Schiedsrichter womöglich
         das Spiel unterbrochen hatte. Kolumbien darf sich jetzt zwar einen Pokal
         in die Verbandsvitrine stellen, muss aber um die WM-Qualifikation bangen.
         Die Elf zeigte einen altertümlichen Fußball, wie ihn Argentinien vor zehn
         Jahren spielte. Der Sieg ist wohl vor allem der Tatsache geschuldet,
         dass nur die 1b-Mannschaften an den Start gingen. 
         Dauerfavorit Brasilien ist derweil peinlich gegen Honduras untergegangen;
         das zeigt, wie schlecht es um die einstige Fußball-Großmacht steht.
         Verteidiger Roberto Carlos macht sich dennoch Mut: "Wir haben mehr Chancen
         als jede andere Mannschaft, die WM im kommenden Jahr zu gewinnen." Dazu muss
         sich Brasilien aber zunächst einmal qualifizieren, was lange nicht gesichert
         ist. Es hat sich gerächt, dass die südamerikanischen Clubs nach jeder Saison
         sämtliche Talente nach Europa verkaufen. Viele dieser Legionäre bekamen
         keine Freigabe, was das Niveau nochmals drückte. Auf den Plätzen eins,
         zwei und drei befinden sich jetzt Kolumbien, Mexiko und Honduras - eine
         Hackordnung, die nichts über den tatsächlichen Leistungsstand auf dem
         Kontinent aussagt. Sie zeigt vielmehr, dass kolumbianische Zeitungen
         Recht hatten, die die Copa America "ein entwertetes Turnier" nannten. 
         Immerhin durfte sich auf diese Weise das Fußball-Entwicklungsland Honduras
         der Welt vorstellen, die Truppe erkämpfte sich einen respektvollen dritten
         Platz. Honduras war in die Bresche gesprungen, um die Gruppe C aufzustocken,
         nachdem Argentinien abgesagt hatte. Die Honduraner waren bei der Copa
         America weit mehr als nur Statisten. Mit eigenwilligem Spielsystem und
         nur einem Stürmer steigerten sie sich von Spiel zu Spiel und warfen am
         Ende sogar respektlos Brasilien aus dem Rennen. Im Spiel um Platz drei
         kontrollierten sie Uruguay und gewannen im Elfmeterschießen. 
         Drei Gewinner 
         Wen man in Europa wieder sehen wird? Oscar Córdoba, der Torhüter Kolumbiens,
         hat in sechs Spielen kein Tor kassiert und damit eine perfekte Bilanz
         geliefert. "Wenn das ein Rekord ist, freue ich mich sehr", sagt er.
         Gleichfalls in die Notizbücher spielte sich Paulo Wanchope, ein
         durchsetzungsfähiger Torjäger aus Costa Rica. Ein noch besserer Deal
         wäre der Brasilianer Denilson. Der Angreifer, dessen erstes Europa-Gastspiel
         in Sevilla gescheitert ist, glänzte immer wieder mit brasilianischen
         Ballzaubereien. 
         Es waren seltene Momente: Ansonsten wurde getreten und gehackt, zuweilen
         gab es Ohrfeigen. Die "Fifa Fair Play"-Tafel am Spielfeldrand blieb reine
         Dekoration. 
         Berliner Zeitung, 31.07.2001
         Kolumbien und Mexiko im Copa-Finale
         Gastgeber Kolumbien steht nach einem 2:0-Sieg über Honduras Fußballer
         im Endspiel der Copa America und trifft dort am Sonntag in Bogota auf
         die Mannschaft Mexikos. 
         Berliner Zeitung, 28.07.2001
         Drei Deutsche in Kolumbien entführt 
         Auswärtiges Amt richtet Krisenstab in Berlin ein
         BOGOTA/BERLIN, 19. Juli. In Kolumbien sind am Mittwoch ein deutscher
         Entwicklungshelfer, sein Bruder und ein Freund der Familie entführt
         worden. Als Kidnapper werden Rebellen der Guerillabewegung Farc
         verdächtigt. Das Auswärtige Amt in Berlin richtete einen Krisenstab ein.
         Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul appellierte an
         die kolumbianische Regierung, für die sofortige Freilassung der drei
         Deutschen zu sorgen. 
         Die Entführung steht offenbar im Zusammenhang mit dem kolumbianischen
         Drogenbekämpfungsprogramm. Die Regierung in Bogota hatte in der
         vergangenen Woche entschieden, in der Region Pflanzengifte zu versprühen,
         um so dem Anbau von Cocapflanzen für die Kokain- und von Schlafmohn für
         die Heroin-Herstellung entgegenzutreten. Gegen diese vor allem von der
         US-Regierung immer wieder mit Nachdruck geforderte Anti-Drogen-Strategie
         wehrt sich die unter dem Einfluss der Farc stehende Lokalbevölkerung. 
         Auch der Gouverneur der Provinz Cauca, der Ureinwohner Floro Tunubala,
         lehnt die Sprühflüge entschieden ab, da durch das Gift auch Nahrungsmittel
         und ganze Lebensräume zerstört werden. Er richtete inzwischen einen
         Appell an den Farc-Führer Manuel Marulanda, die Entführten freizulassen.
         Der gekidnappte Entwicklungshelfer hatte für die Gesellschaft für
         Technische Zusammenarbeit (GTZ) ein Projekt betreut, mit dem Alternativen
         zum Anbau der Drogen-Kulturen entwickelt werden sollten. In Popayan
         wurde am Donnerstag vermutet, die Deutschen sollten der Guerilla als
         Faustpfand dienen, um von der Regierung die Einstellung der Flüge zu
         erpressen. (ach./AFP) 
         Berliner Zeitung, 20.07.2001
         COPA AMERICA 
         Tore statt Terror
         Fredy Grisales und Victor Aristazabal waren die Hauptpersonen am
         ersten Tag der Copa America - und weil es sich dabei um zwei Fußballspieler
         handelt, war das zu Beginn der umstrittenen Südamerika-Meisterschaft
         schon mal eine gute Nachricht. Ohne Zwischenfälle kam Gastgeber
         Kolumbien zu einem 2:0-Auftakterfolg über Venezuela, und die Tore von
         Grisales (16.) und Aristazabal (60./Elfmeter) ließen die Ereignisse der
         vergangenen zwei Wochen wenigstens für anderthalb Stunden vergessen.
         Die Straßen von Bogota, Medellin und Cali waren wie leer gefegt, die
         ganze Nation fieberte in Kneipen und Cafés mit ihrer Seleccion. Es war
         ein friedlicher Auftakt, bei der Eröffnungsfeier wurden Plakate mit der
         Aufschrift "Paz" (Frieden) geschwenkt. Das größte Polizeiaufgebot, das
         jemals in der Geschichte des Landes mobilisiert wurde, hatte einen
         ruhigen Arbeitstag - insgesamt sollen über 30 000 Sicherheitskräfte
         aufgeboten worden sein. Am ersten Tag war es eine "Copa des Friedens",
         wie Kolumbiens Staatspräsident Andres Pastrana bei der Eröffnungsfeier
         vollmundig erklärt hatte, nachdem Bombenanschläge sowie die Entführung
         eines Verbands-Offiziellen im Vorfeld zu einer kurzfristigen Absage des
         Turniers geführt hatten. 
         Für die Kolumbianer ist die Copa längst zu einer Sache des nationalen
         Stolzes geworden. Der Verzicht der argentinischen Nationalmannschaft
         hat die Fans so tief getroffen, dass es vor der argentinischen Botschaft
         in Bogota zu spontanen Demonstrationen kam. Medellins Bürgermeister
         forderte "auf Grund fehlender Solidarität" gar Konsequenzen für den
         argentinischen Verband. Im ersten Spiel des Turniers bezwang Chile in
         Gruppe A die Auswahl Ekuadors mit 4:1, bevor Gastgeber Kolumbien nachle 
         Berliner Zeitung, 13.07.2001
         KOLUMBIEN 
         Machtlose Staatsmacht
         BERLIN, 18. Mai. Am Donnerstagabend gegen 22 Uhr explodierte in
         einem belebten Park der kolumbianischen Millionenstadt Medellín eine
         Autobombe. Sechs Menschen wurden getötet, 82 weitere verletzt. Einen
         unmittelbar politischen Hintergrund hatte der Anschlag wohl nicht, die
         Polizei sah vielmehr kriminelle Banden am Werk, die sich für jüngste
         Razzien rächen wollten. Dennoch wurden sofort Erinnerungen wach an die
         frühen 90er-Jahre, als die Kokain-Großhändler um Pablo Escobar in
         Medellín ebenfalls Autobomben hochgehen ließen - und dabei im Grunde
         genommen das gleiche Ziel verfolgten wie die Täter vom Donnerstag: der
         Staatsgewalt ihren Willen aufzuzwingen und Zugeständnisse zu erpressen. 
         Ein keineswegs aussichtsloses Unterfangen, denn der kolumbianische Staat
         ist in einer denkbar schwachen Position. Jahrzehnte des Bürgerkrieges
         haben die Institutionen ausgehöhlt. Recht und Gesetz gelten wenig. Die
         Korruption grassiert, gefüttert mit Milliardenbeträgen aus dem
         Kokain-Geschäft. 
         In etwa der Hälfte des Staatsgebietes ist die Regierung praktisch abwesend.
         Dort geben linke Guerillagruppen, rechte Paramilitärs oder die
         Drogenkartelle den Ton an, treiben Steuern ein und kümmern sich
         gegebenenfalls auch um den Bau von Straßen oder Wasserleitungen. Die
         Zivilbevölkerung ist ihnen auf Gedeih oder Verderb ausgeliefert. Am
         Dienstag erst verschleppten die im Stile einer Todesschwadron
         operierenden "Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens" (AUC)
         rund 200 Arbeiter einer Palmenplantage nordöstlich von Bogota , von
         denen sie behaupteten, sie stünden mit der Guerilla in Verbindung. Dass
         alle Entführten nach 48 Stunden unverletzt wieder freikamen, grenzte an
         ein Wunder. 
         Der seit 1998 amtierende konservative Präsident Andrés Pastrana darf
         sich zugute halten, dass er mehr getan hat als alle seine Vorgänger,
         um dem Land wieder zu Frieden und Stabilität zu verhelfen. Er hat
         Friedensgespräche mit den linken Rebellen in Gang gebracht und sogar
         eine Reihe hoher Offiziere aus der Armee entfernt, denen Kooperation
         mit den Paramilitärs und schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen
         wurden. Dennoch ist er im Lande nicht populär. Die politische Klasse
         wirft ihm vor, er habe der Guerilla zu große Zugeständnisse gemacht.
         Die Landbevölkerung leidet unter der weitgehend von den USA
         konzipierten Anti-Drogen-Kampagne, bei der neben Koka-Pflanzungen
         regelmäßig auch Felder mit legalen Nutzpflanzen mit Gift besprüht
         werden. 
         Kaum noch jemand in Kolumbien glaubt, dass Pastrana im letzten Jahr
         seiner Amtszeit der Durchbruch zum Frieden gelingen könnte. Sein
         Nachfolger, befürchten viele, könnte dann statt auf Dialog auf den
         totalen Krieg setzen. Der Leidtragende wäre - wie am Donnerstag in
         Medellín - die Zivilbevölkerung. 
         Guerilla dominiert 
         Der Staat übt nur über etwa die Hälfte des kolumbianischen Territoriums
         die Kontrolle aus. 40 Prozent des Landes werden von den Guerillabewegungen
         Farc und ELN beherrscht, in weiteren Regionen sind Paramilitärs die
         eigentliche Ordnungsmacht. 
         Die Farc kontrolliert seit 1999 mit Einwilligung der Regierung ganz
         offiziell die Zone um San Vicente, ein Gebiet von der Größe der Schweiz.
         Dort finden Friedensgespräche statt. 
         Der ELN soll westlich von Barrancabermeja ebenfalls eine entmilitarisierte
         Zone zugestanden werden. 
         Berliner Zeitung, 15.05.2001
         Guerilla in Kolumbien beendet Friedensgespräche
         BOGOTA. Die kolumbianische Guerilla ELN hat am Donnerstag die
         Friedensgespräche mit der Regierung für unbestimmte Zeit ausgesetzt.
         Die Regierung habe ihr Wort gebrochen, hieß es zur Begründung. Teile
         der Armee arbeiteten mit rechtsradikalen Todesschwadronen zusammen. Die
         Guerilla ließ indes 34 Arbeiter einer US-Ölgesellschaft frei, ohne dass
         Lösegeld gezahlt wurde. (epd) 
         Berliner Zeitung,21.04.2001
        Hat das Recht in Kolumbien eine Chance? 
        Die hohe Gewaltbereitschaft hat eine wesentliche Wurzel in der kolonialen
        Vergangenheit / Von  Professor Dr. Rodolfo Arango 
        Die Grausamkeit könnte nicht größer sein. Die Brüder Becerra und ihr Freund Marino Chingay wurden in der Mitte der Nacht zum 25. September dieses Jahres von schwer bewaffneten Unbekannten aus ihrem Haus entführt. Einen Tag später wurden die Köpfe der Brüder Becerra in der Nähe ihres Hauses am Straßenrand gefunden, Ihre Körper, die Spuren von Folter zeigten, lagen ein paar Kilometer entfernt. Marino wird seit diesem Abend vermisst. Es wird vermutet, dass er im Fluss Caqueta mit gefesselten Händen und zahlreichen Kopfschüssen versenkt wurde. Der Zeitschrift "Semana" nach wurden mindestens sechzig Soldaten außerhalb des Dienstes in den letzten Monaten auf diese Weise von der linksgerichteten Guerrilla ermordet.
In Kolumbien herrscht seit Jahrzehnten ein offiziell nicht anerkannter Bürgerkrieg. Rund 35 000 Morde pro Jahr und fast zwei Millionen Vertriebene beweisen das Ausmaß der Verachtung fundamentaler Menschenrechte. Die kolumbianische Öffentlichkeit ist bei der Bewertung der Situation gespalten. Links- und Rechtsextremisten versuchen eine in ihrer Mehrheit pazifistisch orientierte Bevölkerung von der Notwendigkeit des Krieges zu überzeugen. In diesem Zustand scheint die Herrschaft des Rechts als friedensstiftendes Medium zur Regelung des gesellschaftlichen Lebens illusorisch zu sein. Die Existenz illegaler bewaffneter Gruppen macht das staatliche Gewaltmonopol zur Illusion. Die Gewinne des Drogengeschäfts fließen in die Kassen der Guerrilla und der Paramilitärs, so dass ein Ende des politischen Konflikts unwahrscheinlich ist. Es stellt sich die Frage, ob das Recht in Kolumbien überhaupt eine Chance hat.
Seit seiner endgültigen Unabhängigkeit von Spanien im Jahre 1819 wurde Kolumbien überwiegend demokratisch regiert. In 180 Jahren republikanischen Lebens hat Kolumbien insgesamt nur sieben Jahre Militärdiktatur erlebt. Im Unterschied zu Brasilien, Chile oder Argentinien litt Kolumbien während des zwanzigsten Jahrhunderts nicht unter Militärherrschaften, die zu systematischen Menschenrechtsverletzungen geführt hätten. Doch zeigt sich in Kolumbien eine verbreitete und üblich gewordene Gewaltanwendung, die zur Missachtung der Menschenrechte durch öffentliche Organe und private Gruppen unterschiedlichster Ausrichtungen geführt hat.
Die Kriminalitätsrate zeigt, dass Kolumbien bei weitem das höchste Gewaltniveau in der Welt aufweist. Drei sich nicht ausschließende Erklärungen der Gewaltbereitschaft kommen in Betracht: eine wirtschaftliche, eine politische und eine kulturelle Erklärung. Die Summe dieser Erklärungen liefert ein Bild der abstoßenden Realität Kolumbiens.
Sehr viel Armut und sehr viel Reichtum nebeneinander
In den letzten 45 Jahren wies Kolumbien im Durchschnitt ein Wirtschaftswachstum von 4,5 Prozent pro Jahr auf. Nur in den letzten zwei Jahren verringerte sich die Wachstumsrate als Folge des inländischen bewaffneten Konflikts und der Wirtschaftskrise in Lateinamerika. Anfang des Jahrhunderts war Kolumbiens einziges Exportgut der Kaffee, heutzutage aber exportiert das Land außerdem Erdöl, Steinkohle, Erdgas, Bananen, Blumen und Textilien. Es handelt sich bei den Exporten hauptsächlich um Rohstoffe und Produkte, die geringe industrielle Verarbeitung aufweisen, wodurch die Arbeitslosigkeit und die wissenschaftliche und technologische Abhängigkeit vom Ausland verschärft werden. Zu den Exportgütern zählen aber auch illegale Produkte wie Kokain, Marihuana und Heroin, die in der nördlichen Hemisphäre konsumiert werden. Die Vereinigten Staaten sind der größte Handelspartner Kolumbiens, gefolgt von Deutschland und den übrigen Staaten der Europäischen Union. Etwa 34 Prozent der legalen Exporte gehen in die Vereinigten Staaten. Umgekehrt betragen ihre Investitionen in Kolumbien mehr als 50 Prozent der gesamten Auslandsinvestitionen. Die wirtschaftlichen und politischen Interessen der Vereinigten Staaten in Kolumbien sind nicht nur deshalb sehr stark.
Nur wenige Bürger profitieren aber von den engen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Ausland. Wie der ehemalige kolumbianische Präsident Alfonso López Michelsen vor einigen Jahren zutreffend behauptete, entsteht das Problem der Gewalt in Kolumbien nicht deswegen, weil es Armut gibt, sondern weil sehr viel Armut und sehr viel Reichtum nebeneinander leben, so dass der Kontrast zwischen beiden zu groß ist. Millionen Menschen sind von der materiellen Entwicklung
ausgegrenzt; ein beträchtlicher Teil der kolumbianischen Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Nach dem letzten Bericht der Vereinten Nationen über den menschlichen Fortschritt müssen 2,7 Millionen Menschen in Kolumbien - 7,4 Prozent der Bevölkerung - sogar mit nur einem Dollar pro Tag auskommen. Nach der Volkszählung 1993 beendet nur ein Drittel der kolumbianischen Jugend die Schulausbildung und nur 15 Prozent haben Zugang zur Universität. Eine halbe Million Schüler müssen jährlich ihre Studien nur deswegen abbrechen, weil sie ihre Ausbildung nicht finanzieren können. Rund 40 Prozent der Jugendlichen
sind arbeitslos ohne jede staatliche Unterstützung. Es ist kein Wunder, dass etwa 60 Prozent der Guerrilla aus Minderjährigen besteht.
Die wirtschaftliche Erklärung wäre aber nicht vollständig, wenn die Gewinne des Drogengeschäfts nicht erwähnt würden Das Gewaltpotential der politischen Hauptakteure wird so lange unkontrolliert bleiben, bis die Drogenproduktion verringert oder legalisiert wird.
Die Rolle der Vereinigten Staaten ist dafür entscheidend. In ihrem Territorium entstehen die größten Gewinne des Drogengeschäfts. Einige Daten erläutern ihre besondere Rolle hinsichtlich der Gewalt in Kolumbien: Laut der Zeitschrift "Análisis Política" kostet das Kilogramm Kokain im Urwald Kolumbiens zwischen 500 und 700 Dollar, erreicht beim Grenzübergang einen Preis von 1200 Dollar, in Miami bereits 20 000 Dollar, in Chicago 32 000 Dollar und wird in kleinen Mengen zu einem Preis von 158 000 Dollar verkauft.
Ein Kilogramm Kokain kostet in Kolumbien also etwa 1000 Dollar und wird in den Vereinigten Staaten für etwa 150000 Dollar verkauft. Angesichts dieser Gewinnspanne können die Drogenhändler jeden Friedensprozess in Kolumbien ernsthaft beeinträchtigen. Der anarchische Zustand ist mithin darauf zurückzuführen, dass es viele Arme gibt und die Kluft zwischen Armen und Reichen extrem groß ist. Diese Kluft zwischen Arm und Reich wird durch die Drogengelder gezogen.
Zu  der  wirtschaftlichen  Erklärung kommt eine politische, die das Bild der unaufhörlichen Gewalt deutlicher werden lässt. Ende der vierziger Jahre eskalierte der Kampf um die Macht zwischen Liberalen und Konservativen so weit, dass die Gewalt als Mittel des politischen Kampfes regelmäßig und massiv eingesetzt wurde. Gegner und politisch Oppositionelle wurden allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu anderen politischen Parteien verfolgt und umgebracht. Diese Periode unserer Geschichte wird "la violencia" (die Gewalt) genannt. In den vergangenen Jahren hat sich die Tendenz zur bewaffneten Auseinandersetzung vom politischen Bereich auf alle Bereiche des sozialen Lebens ausgedehnt.
An den Gewalttaten sind verschiedene Gruppen in unterschiedlicher Weise beteiligt: die linksgerichtete Guerrilla durch Überfälle auf Dörfer und durch Entführungen, die Drogenhändler durch Terrorismus und Ermordung, die Paramilitärs durch Entführungen und "Hinrichtungen" von unbewaffneten Zivilisten sowie der Staat durch das Militär oder die stillschweigende Unterstützung der Paramilitärs. Ferner ist die normale Kriminalität für einen großen Teil der Gewalt in Kolumbien verantwortlich. In diesem Kontext scheint Kolumbien ein "staatsfreies" Land zu sein. Wissenschaftler der kolumbianischen Nationaluniversität erklären die Staatslosigkeit dadurch, dass der kolumbianische Staat schwach sei. Er repräsentiere nicht die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung. Es gebe mehr Regierung als Staat. Der Staat besitze wenig Legitimität und seine territoriale Herrschaft erstrecke sich weder auf das ganze Land noch auf alle sozialen Gruppen. Ein Staat, der unfähig ist, seine Gesetze anzuwenden und durchzusetzen, schafft die Möglichkeiten dafür, dass Private die Oberhand gewinnen und oft Konflikte durch Waffen zu lösen versuchen.
Während die politischen Parteien heutzutage eine untergeordnete Rolle in der
Kolumbianischen Politik spielen, die Guerrilla, die Paramilitärs und die  Drogenhändler als Hauptfaktoren der Gewalt in den Vordergrund.
Die linksgerichteten, marxistisch orientierten "Bewaffneten Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" (Farc) sind die stärkste Rebellengruppe des Landes. Sie bestehen aus etwa        15 000 Personen, die bewaffnet im Namen des ganzen Volkes für einen Frieden mit        sozialer Gerechtigkeit gegen die Oligarchie und den Imperialismus kämpfen.
Die Guerrilla finanziert sich hauptsächlich durch Gelder aus der Überwachung
von Kokaplantagen und der Entführung von Wohlhabenden und Angestellten ausländ-ischer Unternehmen. Insbesondere die Gewinne durch den Boom des Drogengeschäfts ermöglichen der Guerrilla zunehmend die Aufrüstung durch den Kauf von Waffen, die sie zum großen Teil auf dem Schwarzmarkt aus Nord- und Mittelamerika sowie aus der ehemaligen Sowjetunion erwerben. Die Farc haben mit der Zeit ihre militärische und territoriale Herrschaft gefestigt, besonders in Zonen, in denen
sie wegen der Abwesenheit, Untätigkeit oder groben Fahrlässigkeit des Staates  von der Zivilbevölkerung unterstützt oder geduldet wird.
Die von den Drogenhändlern finanzierte Zunahme der Paramilitärs hat zu Menschenrechtsverletzungen geführt, die mit ethnischen und politischen Säuberunen gleichzusetzen sind. Allein innerhalb der letzten zwei Monate wurden nach Angaben der Tageszeitung "El Tiempo" etwa 200 Zivilisten nördlich der Hauptstadt Bogota durch paramilitärische Streitkräfte kaltblütig "hingerichtet", weil sie linksgerichtete Guerrilleros unterstützt haben sollen. Nach Angaben der Tageszeitung "El Espectador" hat sich die Zahl der Entführungen während des Jahres 1999 auf 1600 Personen erhöht.
Die gigantischen Gewinne des Drogengeschäfts begünstigen die Bildung von paramilitärischen Streitkräften, was wiederum zum Wachstum der Guerrillabewegung bei- trägt, indem arme Bevölkerungsgruppen sich der Guerrilla anschließen, weil sie von den zu Großgrundbesitzern gewordenen Drogenhändlern vertrieben werden. Es handelt sich um einen Teufelskreis, in dem sich Guerrilla und Paramilitärs -  finanziert und gleichzeitig getäuscht durch die Drogenhändler - gegenseitig umbringen und das Chaos im Land aufrechterhalten, weil es für die Drogenhändler strategisch vorteilhaft ist.
Ein vollständiges Bild der Gewaltbereitschaft in Kolumbien erhält man aber nur dann, wenn zu der wirtschaftlichen und der politischen Erklärung eine übergreifende, kulturell-geschichtliche Erklärung hinzugefügt wird. Die kolumbianische Kultur trägt die Lasten eines historischen Kolonialstaates, in dem die Volksvertreibung mit ausbeuterischen Zwecken und eine konsequent verfolgte Politik der Assimilation der unterschiedlichen ethnischen Gruppen unter dem Banner der Christianisierung durchgesetzt wurden. Bis zum Anfang dieses Jahrhunderts wurde die Indianergesetzgebung damit begründet, dass die Ureinwohner aus ihrem barbarischen Zustand mittels des Erwerbs der spanischen Sprache und des christlichen Glaubens zu einem zivilisierten Leben geführt werden sollten. Die Absicht der kulturellen Assimilation ist tief in das allgemeine Bewusstsein eingedrungen. Das indianische Element wird noch heute zurückgedrängt. So gilt es in Kolumbien beispielweise als die schlimmste Beleidigung, jemanden einen ,,Indianer~ zu nennen. Als Reaktion auf die von Fremden aufgezwungene Normativität entwickelte sich in der Bevölkerung die Einstellung, dass ethische und juristische Gesetze zwar formell befolgt, aber nicht inhaltlich effüllt werden: ,,Se obedece pero no se cumple.' Auf diese Weise verbreiteten sich der Widerstand und der zivile Ungehorsam gegen die als fremd und illegitim angesehene Normativität. Diese historische Erfahrung ist bis heute Bestandteil der psychologi-. schen Einstellung der Bürger zum Gesetz geblieben. Dadurch hat das kolumbianische Volk den Sinn für Moral und Recht nicht erlernen können  sie wurden letztendlich durch Politik und Krieg ersetzt. Dieses moralisch gespaltene und gesetzesfeindliche kulturelle Erbe bildet den Hintergrund der Frage nach unserem politischen Bewusstsein. Dieses kulturelle Erbe führt uns zu den Quellen der gewaltsamen Konfliktbewältigung.
Das Recht in Kolumbien wurde seit der Kolonialzeit als Instrument der Herrschenden angewendet. Recht und Gesetz waren begrifflich verbunden, so dass die Frage der Legitimität des Rechts durch die Frage der Legalität des Gesetzes ersetzt wurde. Das Recht wurde dadurch mit der Legalität - das heißt mit den ordnungsgemäß gesetzten Normen - identifiziert und von der Frage seiner Gerechtigkeit abgekoppelt. Das Gesetz, als Totem und Tabu, ist zum Schlüssel der Macht und Motor aller Veränderungen geworden, unabhängig davon, ob die materiellen Bedingungen - unter anderem seine allgemeine Anerkennung - für seine Realisierung erfüllt sind. Die Akzeptanz des Gesetzes für die Normadressaten, das heißt die Legitimität, wurde damit vom Rechtsbegriff abgetrennt und als eigenständiges Phänomen betrachtet. Mit diesem Rechtsverständnis wird aber verkannt, dass das Fundament des Rechts in seiner Legitimität liegt. Nur indem wir die individuelle Motivation und kollektive Bereitschaft sicherstellen, die dafür notwendig sind, um das Vertrauen in die Rechtsordnung zu schaffen, wird das Recht in Kolumbien eine Chance haben können.
Mit der Missachtung des Grundsatzes, dass die fehlende Legitimität der Mittel nicht durch die Wichtigkeit der Ziele vollständig geheilt werden kann, fängt die Krise der kolumbianischen politischen Kultur an. Viele soziale Gruppen sind von der Gerechtigkeit ihrer eigenen Ziele überzeugt, ohne Rücksicht auf die für ihre Verfolgung eingesetzten Mittel. So sind "Hinrichtungen" unbewaffneter Zivilisten für die rechten paramilitärischen Mordschwadronen eine effektive Form, die Rebellengruppen militärisch zu bekämpfen. Andererseits sind die Einkommen aus den Entführungen für linke Rebellengruppen ein Mittel zur Finanzierung des Befreiungskampfes sowie eine Art Gefängnisstrafe wegen Steuerhinterziehung für reiche Leute. Mord, Entführung und Terror können jedoch nicht durch politische und Zweckmäßigkeitsargumente geheilt werden. Ein vernünftiger Mensch würde nicht als Recht anerkennen, was auf Unrecht aufbaut.
Die Verbreitung verbrecherischen Verhaltens begünstigt den rechts- und linksgerichteten Militarismus, der in Kolumbien seit Jahrzehnten das freiheitliche Denken und das demokratische Leben zurückdrängt, so dass eine selbstkritische laizistische Haltung der Öffentlichkeit bis heute noch nicht möglich ist. Die Verhaltenslogik der Guerrilla - die sich einerseits eine Staatsgewalt anmaßt, sich andererseits nicht an die völkerrechtlichen Normen halten will - beweist wiederum, dass in Kolumbien die Menschenrechte systematisch durch die Guerrilla verletzt werden.
Nichts anderes geschieht von Seiten des Staates - repräsentiert durch die Militärs. Die Wochenzeitschrift "Cambio 16" berichtete kürzlich über die Ermordung von mehreren straffälligen Zivilisten durch die Militärs mit der Absicht, die Statistiken der Rebellenbekämpfung künstlich zu erhöhen. Die Ermordung von Unschuldigen könnte zwar als eine verbrecherische Haltung einzelner innerhalb des kolumbianischen Militärs bezeichnet werden, wie die staatlichen Autoritäten immer wieder behaupten. Es handelt sich aber um ein Beispiel der verbreiteten Praktiken der Ermordung so genannter entbehrlicher Personen (desechables), Guerrilla-Unterstützer (colaboradores) und "innerer Feinde", die von öffentlichen und privaten rechtsextremistischen Gruppen als Mittel zum Zweck der sozialen und politischen "Säuberungen" eingesetzt werden. Diese "Säuberungen" werden ihrerseits von den Paramilitärs praktiziert und von weiten Teilen der Gesellschaft mit dem Argument gebilligt, dass die Ermordeten sich ihr Schicksal letztlich selbst ausgesucht hätten, indem sie straffällig geworden seien oder aber die Rebellengruppen aktiv oder passiv unterstützten. Diese Teile der kolumbianischen Gesellschaft stimmen - vergleichbar der Duldung des NS-Regimes in Nazi-Deutschland durch die Bevölkerung - den ,,Hinrichtungen" von "Kriminellen" zu. Sie teilen den naiven und perversen Glauben, dadurch werde es dem Lande besser gehen. Sie glauben, dass durch die Abschaffung der Konsequenzen des sozialen Chaos die gesellschaftliche Ordnung verbessert wird. Sie bedenken nicht,
dass eine tatsächliche Verbesserung die wirksame Bekämpfung der Ursachen dieses Chaos - also Armut, Ungerechtigkeit, Hass und Angst - voraussetzt.
Das oben angesprochene Verhalten der Paramilitärs. der Guerrilla und der Armee bestätigt die vor einigen Wochen vor Journalisten geäußerte Befürchtung des deut schen Staatsministers im Auswärtigen Amt Ludger Volmer, nach der die Lage in Kolumbien zur vollständigen Anarchie tendiert. Wie ist aber diese Verachtung des Rechts in Kolumbien zu erklären? Meine Antwort ist, dass das in Kolumbien üblich gewordene Spiel des strategischen Handelns. des Lügens und des Schweigens die Grundlagen des gemeinsamen Willens aushöhlt, der das Fundament einer politischen und sozialen friedlichen Organisation bilden muss. Die Aufzwingung einer fremden
Religion und Sprache sowie die Negation der kulturellen Vielfältigkeit hat zu Heuchelei und Doppelmoral geführt, die wiederum zusammen mit der Vorstellung, dass der Zweck die Mittel heilige, wesentlich für die anarchischen Zustände in Kolumbien verantwortlich ist.
Die Kolumbianer sollten endlich mit der Bewältigung unserer kulturellen Vergangenheit anfangen. Wir müssen eine kollektive Vergangenheit aufarbeiten, die wir als beschämend empfinden und die wir anzuerkennen uns weigern. Es ist eine durch die Negation des Anderen, Willkür und Ungerechtigkeit geprägte Vergangenheit. Das, was sich heute als eine kulturelle Herausforderung für Kolumbien darstellt, ist die Übernahme der kollektiven Verantwortung für Missstände, welche die Einwohner Kolumbiens zu einander Fremden und oft zu Feinden machen. Es handelt sich hier um die Frage nach unserer niemals geschaffenen Identität, die durch die Begegnung verschiedener Bevölkerungsgruppen zustande kommen könnte, die aber bis heute nicht Wirklichkeit geworden ist.
Kriminelle, moralische und politische Schuld
Die Frage nach der individuellen und kollektiven Verantwortung kann der Leitfaden zur Bewältigung der Vergangenheit durch Reflexion und kritische Auseinandersetzung sein. Zur Bearbeitung dieser Frage ist etwa die vom deutschen Philosophen Karl Jaspers eingeführte Unterscheidung zwischen krimineller, moralischer und politischer Schuld von großer Bedeutung. Die kriminelle Schuld trifft hier die Urheber von Massakern, Entführungen, Hinrichtungen und Folterungen. Alle diese Täter müssen verfolgt werden und zur Rechenschaft gezogen werden. Dafür ist die Intervention der Vereinten Nationen nötig. Wenn die Menschenrechtsverletzer nicht in Kolumbien verurteilt werden, muss die neu geschaffene internationale Strafgerichtsbarkeit eingeschaltet werden. Moralische Schuld trägt ihrerseits diejenige Person, die durch ihre Handlungen andere willkürlich schwer verletzt, wobei die Beurteilungsinstanz ihr eigenes Gewissen ist. Politische Drahtzieher, die möglicherweise durch eine Amnestie oder Gnadenakte begünstigt würden, werden jedenfalls noch eine moralische Schuld für ihre Unrechttaten tragen müssen. Zuletzt, im Gegensatz zu der kriminellen und der moralischen Schuld - die individuell sind-, tragen wir Bürger und Bürgerinnen Kolumbiens alle eine politische Schuld für unsere Regierung, die sich aktiv oder passiv an Menschenrechtsverletzungen beteiligt. Jede Person ist verantwortlich für die Form, wie sie regiert wird. Wir müssen uns bewusst machen, dass wir, wenn wir nicht gegen die Menschenrechtsverletzungen kämpfen, kollektiv für die Konsequenzen der Menschenrechtsverletzungen werden haften müssen.
Die Bedingungen für Frieden in Kolumbien können nicht kurzfristig geschaffen werden. Wir müssen an den Grundlagen einer zukünftigen Zivilisation arbeiten, in der das Recht auf der Basis der Achtung der Würde aller Menschen ruht. Das wird nur dadurch möglich sein, dass wir unsere moralischen Gefühle erziehen, die materielle Gerechtigkeit Stück für Stück durch die Verwirklichung der Menschenrechte realisieren und das demokratische Denken in politischen Institutionen und gesellschaftlicher Praxis umsetzen. 
Der Verfasser lehrt Rechtsphilosophie und
Verfassungsrecht an der Universidad de los
Andes in Bogotá. 
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.09.1999
            
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